I. Einführung
Die Suche nach dem "passenden" Hauptverhandlungstermin im Strafverfahren kann für alle Beteiligten problematisch sein: Der Richter hat insbesondere in Haft- und Führerscheinsachen das Beschleunigungsgebot zu beachten, während der Verteidiger eine Vielzahl von Mandanten zu betreuen und dementsprechend viele Termine wahrzunehmen hat. Auch der Angeklagte kann aus anerkennenswerten Gründen verhindert sein. Kommt es zu einer Terminkollision, muss der Verteidiger die Verlegung des Hauptverhandlungstermins beantragen.
Grundsätzlich empfiehlt es sich für die Gerichte, solche Anträge mit einem gewissen Wohlwollen zu prüfen, eine Verlegung macht deutlich weniger Arbeit als ein ohne Not vom Zaun gebrochener und für alle Beteiligten mit reichlich Zeit- und Nervenaufwand verbundener Konflikt um den Verhandlungstermin. Leider führen Verlegungsanträge in der Praxis dennoch immer wieder zu Streit, was schon lange vor Beginn der Hauptverhandlung für eine nachhaltige Vergiftung der Verhandlungsatmosphäre sorgen kann.
Der Beitrag legt zunächst dar, unter welchen Voraussetzungen solchen Anträgen stattzugeben ist und zeigt zudem die Reaktionsmöglichkeiten für den Verteidiger auf, sollte sich das Gericht den im Verlegungsantrag vorgebrachten Argumenten zu Unrecht verschließen.
II. Zeitpunkt der Antragstellung
Verlegungsanträge sind unmittelbar nach dem Erkennen der Hinderungsgründe zu stellen, im Falle einer Terminkollision also unverzüglich nach Zugang der Terminsladung. Für den Verteidiger besteht eine Pflicht, die Gründe für seinen Antrag frühzeitig vorzutragen, um dem Gericht eine Entscheidung zu ermöglichen (Burhoff, Handbuch für das strafrechtliche Ermittlungsfahren, 6. Aufl. 2013, Rn. 2786).
Hinweis:
Mit einer unverzüglichen Antragstellung schützt der Verteidiger sich und den Angeklagten auch vor ungerechtfertigten Angriffen. Kommt es nämlich zum Streit über die Terminierung, wird der Verteidiger nicht selten mit dem Vorwurf konfrontiert, das Verfahren verschleppen zu wollen. Dieser Vorwurf ist jedoch schnell entkräftet, wenn der Verteidiger darlegen kann, die Terminkollision unverzüglich angezeigt zu haben, so dass eine unmittelbare Reaktion des Gerichts möglich war (vgl. LG Ingolstadt ZAP F. 22, S. 433: Bei unverzüglicher Antragstellung kein Hinweis auf Verschleppungsabsicht, auch wenn es sich um den zweiten Verlegungsantrag in derselben Sache handelt.).
III. Entscheidung des Gerichts
1. Kein Anspruch auf Verlegung
Die Terminierung ist Sache des Vorsitzenden, § 213 StPO. Der Angeklagte hat ebenso wie der Verteidiger grundsätzlich keinen Anspruch auf die Verlegung eines Termins (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl. 2014, § 213 Rn. 7; BGH NStZ 1992, 247; OLG München NStZ-RR 2006, 20), und der Angeklagte hat gem. § 228 Abs. 2 StPO im Falle der Verhinderung seines Verteidigers auch kein Recht, die Aussetzung der Hauptverhandlung zu verlangen (bei notwendiger Verteidigung gilt § 145 StPO, s. Burhoff, Handbuch für das strafrechtliche Ermittlungsverfahren, 6. Aufl. 2013, Rn. 2796). Auch beinhaltet Art. 103 Abs. 1 GG keinen Anspruch auf den Beistand durch einen bestimmten Verteidiger (OLG Hamm zfs 2010, 649).
Es ist deshalb in der Rechtsprechung anerkannt, dass nicht jede Verhinderung des gewählten Verteidigers zur Folge hat, dass eine Hauptverhandlung gegen den Angeklagten nicht durchgeführt werden kann (BGH NStZ 1999, 527; BGH NStZ-RR 2006, 272). So ist es beispielweise nicht zu beanstanden, wenn im Falle einer bei Terminverlegung drohenden Verfahrensverzögerung um mehrere Monate dem Beschleunigungsgebot gegenüber dem Interesse des Verteidigers, an einer Fortbildungsveranstaltung teilzunehmen, der Vorrang eingeräumt wird (BGH NStZ-RR 2007, 81). Weitestgehend anerkannt ist dagegen, dass eine Urlaubsabwesenheit des Verteidigers grundsätzlich zur Terminverlegung führen muss (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl. 2014, § 213 Rn. 7; LG Oldenburg StraFo 2008, 471; OLG Dresden NJW 2004, 3196).
Hinweis:
I.d.R. wird aber zu verlangen sein, dass der Urlaub bereits gebucht wurde, und zwar vor der Anberaumung des Hauptverhandlungstermins (OLG Hamm NStZ 2010, 231). Ist dies nicht der Fall, so ist es dem Verteidiger zumutbar, seine Urlaubsplanung an seine beruflichen Verpflichtungen anzupassen, soweit ihm dies möglich ist. Unterliegt er hierbei Zwängen, ist dies bei der Entscheidung über Terminverlegungsanträge zu berücksichtigen, insbesondere wenn das Gericht den Hauptverhandlungstermin ohne vorherige Absprache in die Haupturlaubszeit legt.
2. Pflichtgemäßes Ermessen
a) Abwägung aller relevanten Umstände
Aus dem Fehlen eines Rechtsanspruchs auf Terminsverlegung folgt indes nicht, dass das Gericht bei der Verbescheidung von Terminverlegungsanträgen völlig frei wäre. Vielmehr ist über Verlegungsanträge nach pflichtgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung der eigenen Terminsplanung, der Gesamtbelastung des Spruchkörpers, des Gebots der Verfahrensbeschleunigung und der berechtigten Interessen des Verfahrensbeteiligten zu entscheiden (BGH NStZ 1998, 311; NStZ-RR 2007, 81). Ebenso zu berücksichtigen sind die Bedeutung der Sache sowie Anlass, Voraussehbarkeit und voraussichtliche Dauer der Verhinderung insbesond...