Unabhängig von den inhaltlichen Anforderungen, die durch die Pflicht zur Umsetzung der EU-Mobilitätsrichtlinie mehr oder weniger zwangsläufig vorgegeben sind, soll im Zusammenhang mit der insoweit anstehenden Gesetzesnovelle ein zuletzt in der Praxis aufgetretenes Problem im Zusammenhang mit der Anpassung bei Direktversicherungs- bzw. Pensionskassenzusagen beseitigt werden.
In diversen Entscheidungen vom 30.9.2014 (u.a.: 3 AZR 613/12, s. Langohr-Plato, jurisPR-ArbR 13/2015 Anm. 4) hat das BAG bei einer Pensionskassenversorgung trotz der "Escape-Klausel" des § 16 Abs. 3 Nr. 2 BetrAVG eine Anpassungsprüfungspflicht nach § 16 Abs. 1 BetrAVG bejaht. § 16 Abs. 3 Nr. 2 BetrAVG in seiner aktuell geltenden Fassung nimmt nämlich Versorgungszusagen, die über eine Direktversicherung oder eine Pensionskasse gewährt werden, nur dann von der Anpassungsprüfungspflicht nach § 16 Abs. 1 BetrAVG aus, wenn
- ab Rentenbeginn sämtliche auf den Rentenbestand entfallende Überschussanteile zur Erhöhung der laufenden Leistungen verwendet werden und
- zur Berechnung der garantierten Leistung der nach § 65 Abs. 1 Nr. 1 lit. a VAG festgesetzte Höchstzinssatz zur Berechnung der Deckungsrückstellung nicht überschritten wird.
Beide Voraussetzungen müssen kumulativ erfüllt sein.
Unabhängig von der Tatsache, dass die im Verfahren konkret behandelte Pensionskasse als sog. regulierte Pensionskasse einen von § 65 Abs. 1 Nr. 1 lit. a VAG abweichenden höheren Zinssatz verwendet hatte, gilt die in § 16 Abs. 3 Nr. 2 BetrAVG normierte "Escape-Klausel" nach Auffassung des BAG nicht für laufende Versorgungsleistungen, die auf Versorgungszusagen beruhen, die vor Inkrafttreten der Verordnung über Rechnungsgrundlagen für die Deckungsrückstellungen – Deckungsrückstellungsverordnung vom 6.5.1996 (DeckRV) – am 16.5.1996 erteilt worden sind. Dies folge daraus, dass § 16 Abs. 3 Nr. 2 BetrAVG über die Verweisung auf den nach § 65 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 lit. a VAG festgesetzten Höchstzinssatz den in § 2 DeckRV bestimmten Höchstrechnungszins in Bezug nimmt und die DeckRV erst am 16.5.1996 in Kraft getreten ist und damit erst ab diesem Zeitpunkt die in § 16 Abs. 3 Nr. 2 BetrAVG genannten Voraussetzungen erfüllbar waren (BAG, Urt. v. 30.9.2014 – 3 AZR 613/12, Langohr-Plato, jurisPR-ArbR 13/2015 Anm. 4).
Für nach Inkrafttreten der Deckungsrückstellungsverordnung erteilte Versorgungszusagen geht das BAG darüber hinaus davon aus, dass diese Zusagen nur dann nach § 16 Abs. 3 Nr. 2 BetrAVG privilegiert sind, wenn der im Gesetz genannte Höchstzinssatz zur Berechnung der garantierten Versicherungsleistung nicht überschritten worden ist. Mit dem nach § 65 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 lit. a VAG festgesetzten Höchstzinssatz ist nach Ansicht des BAG ausschließlich der in § 2 Abs. 1 DeckRV bestimmte Höchstzinssatz zur Berechnung der Deckungsrückstellung und nicht ein davon abweichender von der BaFin genehmigter höherer Rechnungszins gemeint (BAG, Urt. v. 30.9.2014 – 3 AZR 613/12, Langohr-Plato, jurisPR-ArbR 13/2015 Anm. 4).
Hinweis:
Demnach müssen Arbeitgeber, die ihren Mitarbeitern betriebliche Altersversorgung über eine Pensionskasse gewähren, aktuell immer dann die Anpassungsprüfung nach § 16 Abs. 1 BetrAVG durchführen, wenn die Zusage entweder vor dem 16.5.1996 erteilt worden ist oder aber die Pensionskasse einen höheren als den in § 16 Abs. 2 Nr. 3 BetrAVG in Bezug genommenen Rechnungszins verwendet.
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) beabsichtigt nunmehr im Rahmen der anstehenden Gesetzesnovelle durch Streichung des 2. Halbsatzes in § 16 Abs. 3 Nr. 2 BetrAVG eine entsprechende Klarstellung zu erreichen, wonach für die Privilegierung von Direktversicherungs- und Pensionskassenzusagen ausschließlich die Weitergabe der Überschussanteile ausreichen soll. Die Frage des verwendeten Rechnungszinses wäre dann nicht mehr relevant.
Das BMAS geht dabei davon aus, dass die betroffenen Arbeitgeber auch für die Vergangenheit von einer Anpassungsprüfungspflicht befreit sind. Hier wird abzuwarten bleiben, wie die Rechtsprechung diese Regelung bewertet. Denkbar ist auch, dass die Gesetzesänderung sich nur für künftige Anpassungsprüfungen auswirkt und eben nicht einen heute ggf. bestehenden Anspruch auf "nachholende Anpassung" beseitigt.
Hinweis:
Es ist beabsichtigt, dass die Änderung des § 16 Abs. 3 Nr. 2 BetrAVG im Gegensatz zu den durch die EU-Mobilitätsrichtlinie bedingten Änderungen bereits mit Verkündung des Gesetzes in Kraft treten soll.