Eine besondere Konstellation kann im Falle der Erledigung der Hauptsache eintreten. War der Kläger in erster Instanz siegreich und hat der verurteilte Beklagte Berufung eingelegt und erledigt sich dann die Klage (nicht die Berufung), so muss der Kläger als Berufungsbeklagter den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklären. Wenn der Beklagte und Berufungskläger jetzt nicht erscheint und die Fiktion des § 91 Abs. 1 S. 2 ZPO nicht greift, muss dass das Gericht feststellen, dass sich die Hauptsache erledigt hat. In diesem Fall ergeht trotz Säumnis des Berufungsklägers keine Säumnisentscheidung, so dass die volle 1,2-Terminsgebühr anfällt. Nach der BRAGO war dies strittig. Eine volle Verhandlungsgebühr hatte das OLG Düsseldorf – 6. Senat – (JurBüro 1999, 358 m. Anm. Pfeiffer) angenommen; dagegen hatte das OLG Düsseldorf – 10. Senat – nur die ermäßigte Verhandlungsgebühr zugesprochen, da trotz allem nicht streitig verhandelt worden sei (AGS 2000, 241 = JurBüro 2000, 199 = MDR 2000, 667 = Rpfleger 2000, 238 = JMBl NW 2000, 155 = OLGR 2000, 206). Da nach dem RVG eine streitige Verhandlung jedoch nicht erforderlich ist und auch Nr. 3203 VV RVG voraussetzt, dass "lediglich ein Antrag auf Versäumnisurteil oder zur Prozess- oder Sachleitung gestellt wird", der Anwalt in diesem Falle aber mehr tut, nämlich die Hauptsache für erledigt erklärt und den Klageantrag ändert und das Gericht ja prüfen muss, ob Erledigung eingetreten ist, greift die Ermäßigung nach Nr. 3203 VV RVG nicht ein.

 

Beispiel 37:

Gegen seine Verurteilung i.H.v. 15.000 EUR legt der Beklagte Berufung ein. Wenige Tage vor den Verhandlungstermin zahlt er die 15.000 EUR, so dass der Kläger den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Der Berufungskläger erklärt sich hierzu nicht und bleibt im Termin säumig. Daraufhin stellt das Gericht im Termin die Erledigung der Hauptsache durch Versäumnisurteil fest.

Es entsteht jetzt die volle 1,2-Terminsgebühr. Zwar ergeht ein Versäumnisurteil, jedoch muss das Gericht ebenso wie bei einer Hauptsacheentscheidung zugunsten des Berufungsklägers in die Sachprüfung einsteigen.

 
1. 1,6-Verfahrensgebühr, Nr. 3200 VV RVG (Wert: 15.000 EUR)   1.040,00 EUR
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3202 VV RVG (Wert: 15.000 EUR)   780,00 EUR
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.840,00 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG   349,60 EUR
  Gesamt   2.189,60 EUR

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