I. Vorbemerkung
Die Neuregelungen des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes wurden infolge des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 17.12.2014 notwendig. Es erteilte dem Gesetzgeber mit Frist zum 30.6.2016 den Auftrag, die Abgrenzung des steuerlich begünstigten zum nicht begünstigten Betriebsvermögen zu treffen sowie die sog. Lohnsummenregelung zu überarbeiten und schließlich die Privilegierung von Betriebsvermögen insoweit einzuschränken, als dass Großunternehmen ohne Bedürfnisregelung nicht ohne Weiteres von der Erbschaft- und Schenkungsteuer entlastet werden. Nach einigem politischen Ränkespiel konnte der Vermittlungsausschuss seinen Kompromissvorschlag – rund drei Monate nach Ende der Frist – durchsetzen. Das Gesetz zur Anpassung des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vom 4.11.2016 ist am 9.11.2016 im Bundesgesetzblatt verkündet worden (BGBl I, S. 2464) und rückwirkend zum 1.7.2016 in Kraft getreten.
Die Neuregelungen des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes betreffen nur die Regelungen zu Betriebsvermögensbegünstigungen – alles andere bleibt im Grunde unverändert. Die Systematik der gesetzlichen Regelungen zu Betriebsvermögensbegünstigungen wird ebenfalls größtenteils beibehalten. Geändert wurden Regelungen zur Abgrenzung des begünstigungsfähigen Vermögens von nicht begünstigten Vermögens, Steuerbefreiungen für begünstigtes Vermögen sowie Verschonungsregelungen bei Großvermögen über 26 Mio. Euro, eine Stundungsregelung, die quasi keine ist, und schließlich gab es noch Veränderungen im vereinfachten Ertragswertverfahren.
Die Frage der Begünstigung von Betriebsvermögen ist eine für den Gestaltungsberater enorm wichtige Materie mit hohem praktischem Beratungswert. Steuerliche Unternehmensnachfolge ist ein wichtiger Aspekt bei der Erarbeitung von Erbfolgegestaltungen und gesellschaftsrechtlichen Regelungen, die durch das ErbStG geprägt werden. Dieser Aufsatz greift die nun gegenwärtig geltende Rechtslage auf und bietet einen Überblick über die Regelungen.
II. Begriff des Betriebsvermögens
In der Struktur der Erbschaft- und Schenkungsteuer wird zunächst an die beiden Tatbestandsgruppen der Erwerbe von Todes wegen (§ 3 ErbStG) oder der Schenkungen unter Lebenden (§ 7 ErbStG) angeknüpft. § 3 ErbStG bezieht sich unmittelbar auf die zivilrechtliche Rechtslage, § 7 ErbStG ist für Schenkungen weiter gefasst als die Schenkung nach § 516 BGB; es gilt hier eine wirtschaftliche Betrachtungsweise nach dem Prinzip der Bereicherung. Beide Tatbestandsgruppen schließen sich in der Systematik des ErbStG dann für die Frage der Bewertung, also der Bemessungsgrundlage der Bereicherung, der sachlichen Freibeträge, der persönlichen Freibeträge und der Progression (dem Steuertarif) zusammen.
Bei der Besteuerung von Betriebsvermögen, sei es durch Erbanfall oder durch Schenkung, wird daher zunächst der Betriebsvermögensbegriff untersucht. Gemäß § 95 Abs. 1 S. 1 BewG sind dem Betriebsvermögen alle Teile eines Gewerbebetriebs i.S.d. § 15 Abs. 1, 2 EStG zuzurechnen. Daher wird an die ertragsteuerliche Gewinnermittlung angeknüpft. Es gilt der Grundsatz der Bestandsidentität (mit geringen Ausnahmen, s. § 103 Abs. 3 BewG, wonach Rücklagen nur insoweit abzugsfähig sind, als dieser Abzug ausdrücklich für die Erbschaftsteuer gesetzlich zugelassen wird).
III. Bewertung des Betriebsvermögens
Als steuerpflichtiger Erwerb gilt die Bereicherung des Erwerbers, soweit diese nicht steuerfrei ist, § 10 Abs. 1 S. 1 ErbStG. Die Bewertung ist auf den Stichtag des Todes des Erblassers oder bei Schenkungen auf den Tag des Eintritts der Bereicherung abzustellen (Stichtagsprinzip des § 11 ErbStG unter Verweis auf § 9 ErbStG).
Allgemein, und damit auch für das Betriebsvermögen, gilt der Grundsatz der realitätsgerechten Wertrelation. Das BVerfG hatte in einer früheren Entscheidung (Beschl. v. 7.11.2006, BVerfGE 117, 1 und zuvor auch schon in BVerfGE 93, 165, 172 f.) bereits vom Gesetzgeber eingefordert, für alle Vermögenswerte eine einheitliche Bemessungsgrundlage heranzuziehen, da auch für alle Tatbestände ein einheitlicher Steuersatz gelte. Hiernach gilt für alle Bewertungen der gleiche Maßstab des gemeinen Werts, also des aktuellen Veräußerungspreises. Dieser Wert liegt allerdings nur bei wenigen Wirtschaftsgütern vor. Werden dann pauschale Wertansätze gebildet oder typisiert, sieht das BVerfG (BVerfGE 117, 1, 36) generelle Bedenken. Daher ist generell der individuelle Wert festzustellen. Dies führt immer wieder zu Bewertungsschwierigkeiten in der Praxis der Vielzahl der Veranlagungsfälle und der Verschiedenheit der Wirtschaftsgüter. Gerade bei der Bewertung von Betriebsvermögen zeigt sich die Schwierigkeit darin, dass es aufgrund komplexer rechtlicher Verpflichtungen nicht einfach "versilberbar" und darüber hinaus auch eine Sozialverpflichtung einzupreisen ist. Bei börsennotierten Kapitalgesellschaften ist die Bewertung einfach: § 11 Abs. 1 BewG knüpft an den tagesaktuellen Börsenwert an. Bei nicht börsennotierten Kapitalgesellschaften regelt § 11 Abs. 2 BewG die Anwendung d...