Auch in der zweiten Jahreshälfte 2017 reißt der Strom an Entscheidungen, die sich mit der Zulassung als Syndikusrechtsanwalt beschäftigen, nicht ab (s. auch den Überblick bei Huff BRAK-Mitt. 2017, 203 ff.). Aufgrund der Vielschichtigkeit der behandelten Materien ist eine generalisierende Betrachtung dieser Entscheidungen weiterhin kaum möglich, insbesondere weil die Gerichte oftmals gezwungen sind, jeweils stark individualisiert die konkrete Tätigkeit des Antragstellers im Einzelfall zu prüfen. Zudem ist in einer Vielzahl von Fällen der Rechtsweg noch nicht erschöpft.
Immerhin hatte nun erstmals der BGH Gelegenheit, sich zu den Anforderungen an die Zulassung zur Syndikusrechtsanwaltschaft zu positionieren (BGH, Beschl. v. 1.8.2017 – AnwZ [Brfg] 14/17 m. zust. Anm. Offermann-Burckart NJW 2017, 2837). Er hat zutreffend hervorgehoben, dass Regelungen, die keine Weisungen innerhalb des Arbeitsverhältnisses darstellen und an die auch der Arbeitgeber selbst gebunden ist (im Streitfall ging es um Verrechnungsgrundsätze und Auslegungsbeschlüsse eines Rückdeckungspools), die fachliche Unabhängigkeit und Eigenverantwortlichkeit der Tätigkeit des Syndikusrechtsanwalts, unabhängig von ihrer Dichte und Detailliertheit, nicht berühren. Damit steht zugleich fest, dass Bindungen und Vorgaben des Mandanten, die auch jeder niedergelassene Anwalt im Mandat zu beachten hat, der Zulassung als Syndikusrechtsanwalt nicht entgegenstehen.
Voraussichtlich am 29.1.2018 wird sich der Anwaltssenat erneut mit den Vorgaben der §§ 46 ff. BRAO befassen (Az. AnwZ [Brfg] 12/17). Dieses Mal geht es um die Zulassung eines Anwalts, der zwar grundsätzlich eine Syndikustätigkeit ausübt, nun aber als Betriebsratsvorsitzender freigestellt ist. Der AGH NRW (Urt. v. 25.11.2016 – 1 AGH 50/16; dazu krit. Schubert AnwBl Online 2018, 39 f.) hatte insoweit der DRV Bund als Rentenversicherungsträgerin recht gegeben. Das Urteil des BGH könnte auch Aufschluss darüber geben, ob Elternzeit oder eine längere Erkrankung zum Widerruf der Zulassung führen können (s. dazu auch Huff BRAK-Mitt. 2017, 203, 207 f.).
Restriktiv mutet auch ein Urteil des AGH Rheinland-Pfalz vom 11.8.2017 (Az. 1 AGH 17/16) an. Mit diesem versagte der Senat einer Rechtsanwältin, die für ihren Arbeitgeber – einem nach § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 RDG registrierten Anbieter – (Unternehmer-)Kunden in Fragen der betrieblichen Altersversorgung beriet, die Zulassung als Syndikusrechtsanwältin. Maßgeblicher Streitpunkt war dabei die Auslegung von § 46 Abs. 5 BRAO. Nach § 46 Abs. 5 S. 1 BRAO beschränkt sich die Befugnis des Syndikusrechtsanwalts zur Beratung und Vertretung auf die Rechtsangelegenheiten des Arbeitgebers. § 46 Abs. 5 S. 2 BRAO enthält allerdings eine Aufzählung, in welchen Fällen auch eine Beratung und Vertretung für andere Personen als den Arbeitgeber die Wahrnehmung von Rechtsangelegenheiten des Arbeitgebers umfasst. Nach Auffassung des erkennenden Gerichts ist diese Aufzählung abschließend zu verstehen, soll also nur Rechtsangelegenheiten des Arbeitgebers erfassen, die diesen selbst betreffen. Da die Aufzählung jedoch mit "Diese umfassen auch..." (Hervorhebung durch die Verfasser) eingeleitet wird, vermag die durch den AGH abgelehnte Gegenposition (vgl. Huff BRAK-Mitt. 2017, 203, 206) aber bereits aufgrund ihrer Wortlautnähe mehr zu überzeugen. Die gesetzlichen Regelungen sind zudem so konzipiert, dass die Befugnisse des Syndikusrechtsanwalts immer so weit reichen wie die des Arbeitgebers selbst. Es handelt sich immer dann um "Rechtsangelegenheiten des Arbeitgebers", wenn der Arbeitgeber gegenüber Kunden und Dritten selbst befugt ist, Rechtsdienstleistungen – etwa gestützt auf § 10 RDG – zu erbringen. Gegen die Entscheidung ist Berufung beim Anwaltssenat des BGH eingelegt worden (Az. AnwZ [Brfg] 58/17). Zudem sind vor anderen Anwaltsgerichtshöfen weitere Verfahren zur gleichen Rechtsfrage anhängig (vgl. näher Huff BRAK-Mitt. 2017, 203, 206).
Ebenfalls zu restriktiv fällt ein Urteil des Bayerischen AGH vom 10.7.2017 (Az. BayAGH III 4–6/16) aus. Der AGH vertritt darin die Auffassung, dass ein anwaltlicher Leiharbeitnehmer nicht die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt erlangen könne. Aus dem eindeutigen Wortlaut des § 46 Abs. 2 S. 1, Abs. 5 S. 1 BRAO ergebe sich, dass eine Zulassung als Syndikusrechtsanwalt nur bei anwaltlicher Tätigkeit im Rahmen des Arbeitsverhältnisses für den Arbeitgeber möglich sei. Eine Regelung für Leiharbeitsverhältnisse sei im Gesetz nicht versehentlich unterblieben, sondern bewusst unterlassen worden, weil etwaige Interessenkonflikte für den anwaltlich tätigen Leiharbeitnehmer zwischen seinem Arbeitgeber einerseits und seinem Einsatzbetrieb andererseits nicht ausgeschlossen werden könnten. In der Literatur wird hingegen unter Heranziehung unterschiedlicher Begründungsansätze ganz überwiegend die Gegenauffassung vertreten, sofern sowohl der Verleiher als auch der Entleiher die fachliche Unabhängigkeit bestätigen und der Entleiher die den Anforderungen des § 46 Abs. 3, 4 ...