Auf entsprechenden Antrag ist dem Schuldner ein Rechtsanwalt beizuordnen (§ 4 Abs. 2 InsO), wenn er im Rahmen seiner Möglichkeiten dartut, dass er nach seinen persönlichen Fähigkeiten und Kenntnissen im konkreten Fall nicht in der Lage ist, ohne anwaltliche Hilfe eine Entscheidung über die Zweckmäßigkeit der Erhebung des Widerspruchs zu treffen (BGH, Beschl. v. 18.9.2003 – IX ZB 44/03, NZI 2004, 39).
a) Widerspruch gegen die Forderung insgesamt
Erhebt der Schuldner im Prüfungstermin Widerspruch gegen die angemeldete Forderung insgesamt, steht dies zwar der Feststellung der Forderung und einer Verteilung nicht entgegen (§ 178 Abs. 1 S. 2 InsO). Allerdings kann der Schuldner auf diese Weise erreichen, dass dem Gläubiger keine vollstreckbare Ausfertigung aus der Tabelle erteilt wird (§§ 178 Abs. 1 S. 2, 201 Abs. 2 S. 1 InsO). Nur wenn der Gläubiger innerhalb der Ausschlussfrist des § 189 Abs. 1 InsO Feststellungsklage gegen den Schuldner erhebt (§ 184 Abs. 1 S. 1 InsO), läuft er nicht Gefahr, nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens nicht die Vollstreckung gegen den Schuldner aus dem Tabellenauszug betreiben zu können. Widerspricht der Schuldner dem Vorbringen des Gläubigers nicht, wirkt der Eintrag in die Tabelle, die Forderung stamme aus einer unerlaubten Handlung, nach § 178 Abs. 3 InsO wie ein rechtskräftiges Urteil gegenüber dem Insolvenzverwalter und den Insolvenzgläubigern.
aa) Vorliegen eines vollstreckbaren Schuldtitels oder eines Endurteils
Liegt für die Forderung des Gläubigers bereits ein vollstreckbarer Schuldtitel oder ein Endurteil vor, so obliegt es dem Schuldner, binnen einer Frist von einem Monat, die mit dem Prüfungstermin oder im schriftlichen Verfahren mit dem Bestreiten der Forderung beginnt, den Widerspruch zu verfolgen (§ 184 Abs. 2 S. 1 InsO). Nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist gilt ein Widerspruch als nicht erhoben. Der Schuldner ist über die Pflicht zur Klageerhebung zu belehren.
bb) Einschränkung der Pflicht zur Klageerhebung
Die Pflicht zur Klageerhebung gilt indes nur, wenn in dem Titel die ausdrückliche Feststellung enthalten ist, dass die Forderung auf einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung, einer vorsätzlich pflichtwidrig verletzten gesetzlichen Unterhaltspflicht oder aus einer rechtskräftigen Verurteilung wegen einer Steuerstraftat beruht (BGH, Urt. v. 11.7.2013 – IX ZR 286/12, ZIP 2013, 16). Die Entscheidungsgründe eines Urteils können für das Vorliegen eines solchen Rechtsgrunds nicht herangezogen werden. Ein auf die Rechtsgrundlagen des § 302 Nr. 1 InsO gestützter Vollstreckungsbescheid reicht ebenfalls nicht (BGH, Urt. v. 28.6.2012 – IX ZR 160/11, ZInsO 2012, 1614).
Praxishinweise:
- Die vorstehenden Erwägungen machen deutlich, wie wichtig es für den Gläubiger – bereits aus Beweisgründen – ist, die Deliktseigenschaft seiner Forderung frühzeitig im Wege einer Klage auf Feststellung der Eigenschaft als Deliktsforderung i.S.d. § 302 Nr. 1 InsO titulieren zu lassen.
- Die Klage auf Feststellung der Deliktseigenschaft der Forderung kann (bereits vorinstanzlich) mit einer Klage auf erstmalige Titulierung der Forderung verbunden werden (BGH, Urt. v. 2.12.2010 – IX ZR 41/10, ZInsO 2011, 39, 40 Rn 13 ff.).
Strebt der Schuldner seinerseits Rechtssicherheit an, kann er unbefristet eine negative Feststellungsklage dahingehend erheben, dass keine Deliktseigenschaft besteht. Das Rechtsschutzinteresse für eine solche Klage ist dann zu bejahen, wenn der Gläubiger mit der Erhebung der Feststellungsklage zuwartet (BGH, Urt. v. 10.10.2013 – IX ZR 30/13, ZIP 2013, 2265). Auf diese Weise kann der Schuldner offensichtlich unbegründeten Anmeldungen der Deliktseigenschaft wirksam begegnen.
b) Beschränkung des Widerspruchs
Beschränkt der Schuldner seinen Widerspruch auf einen der Rechtsgründe des § 174 Abs. 2 InsO, ist das Bestehen der Forderung unbestritten, die Herleitung aus dem Rechtsgrund aber streitig (Graf-Schlicker, in: Graf-Schlicker, a.a.O., § 184 Rn 5). Die Frage, ob die Forderung tatsächlich aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung, einer vorsätzlich pflichtwidrig verletzten gesetzlichen Unterhaltspflicht oder aus einer rechtskräftigen Verurteilung wegen einer Steuerstraftat stammt, ist nicht im Insolvenzverfahren, sondern im Rahmen einer Feststellungsklage vor den Zivilgerichten zu klären (BVerwG, Beschl. v. 12.4.2013 – 9 B 37.12, ZVI 2013, 263; BGH, Beschl. v. 2.12.2010 – IX ZB 271/09, ZInsO 2011, 44). Nichts anderes gilt auch dann, wenn sowohl die öffentlich-rechtliche Forderung als solche als auch das Attribut der vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung bestritten sind (AG Göttingen, Urt. v. 12.2.2013 – 21 C 121/12, ZVI 2013, 197). In diesem Fall beschränkt sich der Feststellungsstreit nur noch auf die Feststellung dieses Haftungsgrunds gegen den Schuldner. Der Gläubiger kann sofort auf Feststellung klagen, dass die angemeldete Forderung begründet ist (OLG Rostock v. 13.6.2005 – 3 U 57/05, ZInsO 2005, 1175 ff.).
Während grundsätzlich die Feststellungsklage (§ 179 InsO) spätestens bis zum Ende der Ausschlussfrist des § 189 Abs. 1 InsO zu erheben ist, gilt diese Frist nach herrschender Meinung nicht für die Beseitigung eines isolierten Widerspruchs des Schuldne...