Nach dem neuen § 559d BGB wird vermutet, dass der Vermieter eine zum Schadensersatz verpflichtende Pflichtverletzung begangen hat, wenn er
- mit der baulichen Veränderung nicht innerhalb von 12 Monaten nach deren angekündigtem Beginn begonnen hat,
- in der Modernisierungsankündigung einen Betrag für die zu erwartende Mieterhöhung angibt, durch den die monatliche Miete mindestens verdoppelt würde,
- die bauliche Veränderung in einer Weise durchführt, die geeignet ist, zu erheblichen, objektiv nicht notwendigen Belastungen des Mieters zu führen oder
- die Arbeiten nach Beginn der baulichen Veränderung mehr als 12 Monate ruhen lässt.
Anspruchsgrundlage in diesen Fällen bleibt weiterhin § 280 Abs. 1 BGB (BGH NZM 2017, 595 = NJW 2017, 2907 = MietPrax-AK § 280 BGB Nr. 5 m. Anm. Eisenschmid). Die Vorschrift soll nur zu einer Beweiserleichterung führen und für typische Verhaltensweisen eine Vermutung für eine schuldhafte Pflichtwidrigkeit des Vermieters aufstellen, um damit dem Mieter die Geltendmachung des Anspruchs zu erleichtern. Die verschiedenen Alternativen betreffen Verhaltensweisen, die ein sog. bewusstes Herausmodernisieren nahelegen. So dient die Ankündigung einer Baumaßnahme, die eigentlich nicht gewollt ist und mit der dementsprechend auch nicht begonnen wird, ebenso regelmäßig dem Zweck, den Mieter zur Kündigung zu veranlassen wie der 12-monatige Baustillstand. Nach Ansicht des Gesetzgebers lässt die Ankündigung einer Mieterhöhung, die zu einer Verdopplung der Miete führt, vermuten, dass der Vermieter seine Pflicht zur ordnungsgemäßen Ermittlung einer nach Abschluss der Maßnahme erlaubten Mieterhöhung verletzt hat. Da die Ankündigung einer solchen Mieterhöhung zudem bei vielen Mietern Angst auslöst, sich die Miete zukünftig nicht mehr leisten zu können, dürfte regelmäßig ein vorhersehbarer kausaler Zusammenhang zwischen einer solchen Ankündigung und der Beendigung des Mietverhältnisses durch den Mieter bestehen.
Ferner wird eine Pflichtverletzung vermutet, wenn diese in einer Weise durchgeführt wird, die geeignet ist, zu erheblichen, objektiv nicht notwendigen Belastungen des Mieters zu führen. Die Vermutung greift ein, wenn eine bauliche Veränderung in einer Weise durchgeführt wird, die das nach einem regulären Bauablauf Erforderliche deutlich überschreitet und hierdurch zu erheblichen, objektiv nicht notwendigen Belastungen für den Mieter führt. Bei einer solchen Verhaltensweise liegt ein schikanöses Vorgehen nahe. Dies ist beispielsweise der Fall bei mehrmonatigem Verhängen der Fenster mit einer blickdichten Plane, ohne dass im zeitlichen Anschluss überhaupt Maßnahmen durchgeführt werden, für die eine solche Plane notwendig ist. Es kann auch gelten für besonders lärmintensive Maßnahmen, die ohne erkennbaren Grund überwiegend zur Unzeit (sehr früh morgens, spät abends) ausgeführt werden oder für längerfristiges Abstellen von Wasser sowie die Beeinträchtigung der grundlegendsten Sicherheitsstandards, wie das nicht bloß kurzfristige Aushängen der Haustür.
Es handelt sich aber um eine widerlegliche Vermutung. Sie gilt dann nicht, wenn der Vermieter darlegt, dass für das Verhalten im Einzelfall ein nachvollziehbarer objektiver Grund vorliegt. Der Vermieter kann beispielsweise die Vermutung schon dadurch widerlegen, dass er darlegt, dass die deutliche Verzögerung des Baubeginns nicht auf ihn zurückzuführen bzw. von ihm zu verantworten ist. Dies ist z.B. der Fall, wenn der Vermieter aus nachvollziehbaren Gründen von einer ernsthaft geplanten Maßnahme Abstand genommen hat, beispielsweise aufgrund der Veränderung seiner eigenen finanziellen Situation, wegen der Vorrangigkeit anderer Maßnahmen, oder wenn die Maßnahme sich z.B. wegen Verzögerungen in Genehmigungsverfahren oder wegen der schlechten Verfügbarkeit von Handwerkern zeitlich verschoben hat. Die Vermutung nach § 559d Nr. 2 BGB (Verdopplung der Miete) kann der Vermieter dadurch widerlegen, dass er nachvollziehbar dargelegt, dass die angekündigte Maßnahme Kosten erfordert, die zu einer solchen Mieterhöhung führen können.
Praxishinweis:
Anzuwenden ist diese neue Vermutung auf ein Verhalten nach dem 31.12.2018.