Die Verfassungsbeschwerde ist binnen eines Monats zu erheben und zu begründen, § 93 Abs. 1 S. 1 BVerfGG. Bei Verfassungsbeschwerden gegen ein Gesetz oder einen nichtjustiziablen Hoheitsakt beträgt die Frist ein Jahr, § 93 Abs. 3 BVerfGG. Diese Fristen sind nicht verlängerbare Ausschlussfristen (zur Wiedereinsetzung vgl. unten II. 1. b).

Die fristgerechte Begründung erfordert nach den Bestimmungen zur Substantiierung der Verfassungsbeschwerde, dass jedenfalls die angegriffenen Hoheitsakte vollständig vorgelegt oder wenigstens ihrem wesentlichen Inhalt nach zusammenhängend mitgeteilt werden. Zudem muss bereits mit der Erhebung der Verfassungsbeschwerde innerhalb der Monatsfrist bzw. der Jahresfrist der Angriff in der nötigen Substantiierungstiefe geführt werden. Damit wird die Erhebung der Verfassungsbeschwerde an Voraussetzungen geknüpft, die in aller Regel den Rechtsmitteln wie Rechtsbehelfen der Fachgerichtsbarkeit fremd sind. Abzuraten ist auch von der üblichen Verfahrensweise, einen Beschwerdeschriftsatz "vorab per Fax ohne Anlagen" zur Fristwahrung zu versenden, da dies zur Unzulässigkeit der Verfassungsbeschwerde führt und dieser Mangel nicht heilbar ist (Hammer, in: Burkiczak/Dollinger/Schorkopf, Kommentar zum Bundesverfassungsgerichtsgesetz, 2015, § 93 Rn 6 m.w.N.).

 

Praxishinweis:

Vorsicht ist bei einer allgemeinen Bezugnahme im Beschwerdeschriftsatz geboten. Das Bundesverfassungsgericht wird sich nicht durch ein Anlagenkonvolut durcharbeiten und das Entscheidende heraussuchen. Es muss vielmehr ganz konkret Bezug genommen werden. In Zweifelsfällen sollte in der Beschwerdeschrift wörtlich aus den jeweiligen Schriftstücken zitiert werden.

Für die Fristberechnung gelten im Übrigen die allgemeinen Grundsätze. Problematisch kann mitunter die Bestimmung des Fristbeginns sein:

a) Verfassungsbeschwerde gegen Urteile

Die Monatsfrist beginnt mit der Zustellung oder formlosen Mitteilung der in vollständiger Form abgefassten Entscheidung, wenn diese nach den maßgebenden verfahrensrechtlichen Vorschriften von Amts wegen vorzunehmen ist, § 93 Abs. 1 S. 2 BVerfGG. Die "maßgeblichen verfahrensrechtlichen Vorschriften" sind die Vorschriften des Ausgangsverfahrens (BVerfGE 9, 109, 114). Wird nicht zugestellt oder formlos mitgeteilt, kommt es auf die Verkündung bzw. die sonstige Bekanntgabe an, § 93 Abs. 1 S. 3 BVerfGG. Für diesen Fall ist die Möglichkeit der Fristunterbrechung nach § 93 Abs. 1 S. 3 Hs. 2 BVerfGG zu beachten: Wird dabei dem Beschwerdeführer eine Abschrift der Entscheidung in vollständiger Form nicht erteilt, so wird die Monatsfrist dadurch unterbrochen, dass der Beschwerdeführer schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle die Erteilung einer in vollständiger Form abgefassten Entscheidung beantragt und die Unterbrechung dauert fort, bis die Entscheidung in vollständiger Form dem Beschwerdeführer von dem Gericht oder von Amts wegen oder von einem an dem Verfahren Beteiligten zugestellt wird, § 93 Abs. 1 S. 4 BVerfGG.

 

Praxishinweis:

Durch die Einlegung eines offensichtlich unzulässigen Rechtsmittels und die Zurückweisung des Rechtsmittels als unzulässig durch das Gericht beginnt die Monatsfrist nicht erneut zu laufen (BVerfGE 5, 17, 19; 91, 93, 106). Die Unzulässigkeit des Rechtsmittels muss aber evident sein. Bloße Zweifel an der Zulässigkeit sind nicht ausreichend (BVerfGE 16, 1 f.).

Offensichtlich unzulässig ist ein Rechtsmittel dann, wenn der Rechtsmittelführer nach dem Stand der Rechtsprechung und Lehre bei Einlegung des Rechtsmittels über die Unzulässigkeit nicht im Ungewissen sein konnte (BVerfGE 5, 17, 19; 91, 93, 106). Die Abgrenzung im Einzelfall ist überaus schwierig. Unterschieden werden muss die verfahrensrechtliche Unstatthaftigkeit eines Rechtsbehelfs einerseits und die Unzulässigkeit aufgrund prozessualer Versäumnisse des Beschwerdeführers andererseits. Der zweite Fall ist nicht an der Monatsfrist zu messen, es handelt sich hier um eine Frage der ordnungsgemäßen Erschöpfung des Rechtswegs. Die beiden Problemkreise werden in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht immer hinreichend klar unterschieden. Bei der Prüfung einer offensichtlichen Unzulässigkeit wird häufig auf eine subjektive Vorhersehbarkeit für den Beschwerdeführer abgestellt. Zutreffend ist aber allein eine rein objektive Bestimmung der Unzulässigkeit, subjektive Elemente sind in eine Prüfung einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand einzustellen (Hammer, in: Burkiczak/Dollinger/Schorkopf, a.a.O., § 93 Rn 11 m.w.N.).

b) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand

Erst seit 1993 gibt es im Verfassungsbeschwerdeverfahren die Möglichkeit der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Versäumung der Monatsfrist. Ein Wiedereinsetzungsantrag kann lediglich innerhalb eines Jahres seit dem Ende der versäumten Frist gestellt werden, § 93 Abs. 2 S. 5 BVerfGG. Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrags müssen sowohl der Hinderungsgrund als auch die Umstände, die für die Beurteilung des Verschuldens maßgebend sind, dargelegt werden. Erforderlich ist eine substantiierte und schlüssige Darstellung der für die un...

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