Art. 7 Abs. 4 der PKH Richtlinie schrieb den Mitgliedstaaten vor, sicherzustellen, dass der Beschuldigte das Recht hat, seinen Rechtsbeistand auswechseln zu lassen, sofern es die konkreten Umstände rechtfertigen. Diese Vorgabe wird durch § 143a Abs. 2 StPO n.F. umgesetzt.
aa) Zu kurze Benennungsfrist
Nach dessen Nr. 1 kann der Beschuldigte innerhalb von drei Wochen nach Bekanntmachung der Entscheidung über die Bestellung beantragen, ihm einen anderen, von ihm bezeichneten Verteidiger zu bestellen, wenn zuvor ein nicht von ihm benannter Verteidiger beigeordnet wurde (etwa weil der Wunschverteidiger aufgrund einer Terminkollision bei einer Vorführung nicht zur Verfügung stand) oder ihm nur eine kurze Frist zur Benennung eines Verteidigers gewährt werden konnte.
Hinweis:
Der neue Verteidiger wird jedoch nur beigeordnet, wenn kein wichtiger Grund entgegensteht. Insoweit gelten die Ausführungen zu § 142 Abs. 5 StPO n.F. entsprechend.
Diese Neuregelung stellt für den Beschuldigten (trotz des Antragserfordernisses) durchaus einen Fortschritt dar. So dürfte es fortan leichter werden, einen vom Gericht ausgewählten Verteidiger auszuwechseln. Wenngleich der Gesetzgeber nicht geregelt hat, wann die Benennungsfrist "kurz" ist, dürften damit zumindest die Fälle erfasst sein, in denen quasi direkt nach der Festnahme ein vom Gericht ausgesuchter oder "vorgeschlagener" Verteidiger bestellt wird, hat doch der – nicht selten mit der Situation überforderte – Beschuldigte in dieser Situation kaum eine Möglichkeit, sein Benennungsrecht effektiv auszuüben.
bb) Unzumutbarkeit für den Verteidiger
Nr. 2 hingegen dient nicht primär dem Interesse des Beschuldigten, sondern schützt den Verteidiger, der für eine Vorführung vor dem Richter des nächsten Amtsgerichts gem. § 115a StPO beigeordnet wird, vor Pflichtmandaten, die er, insb. aufgrund unzumutbarer Entfernung zum künftigen Aufenthaltsort des Beschuldigten, nicht führen kann. In diesem Fall kann er nunmehr seine Entpflichtung beantragen. Der Antrag ist unverzüglich nach Beendigung der Vorführung zu stellen.
cc) Zerrüttetes Vertrauensverhältnis
Nr. 3 regelt schließlich Fälle, in denen das Vertrauensverhältnis zwischen dem Beschuldigten und dem Verteidiger endgültig zerstört ist oder aus einem anderen Grund eine angemessene Verteidigung des Beschuldigten nicht gewährleistet ist.
Im Falle eines zerrütteten Vertrauensverhältnisses haben die Gerichte bereits bislang die Möglichkeit eines Verteidigerwechsels anerkannt. Die hierfür zu erfüllenden materiellen Voraussetzungen sowie die Darlegungsanforderungen bleiben unverändert. Es genügt also weiterhin nicht, wenn eine Zerstörung des Vertrauensverhältnisses lediglich pauschal behauptet wird. Vielmehr müssen weiterhin konkrete Umstände vorgetragen werden, die dem Gericht die Beurteilung ermöglichen, ob das Verlangen nach Aufhebung der Beiordnung sachlich gerechtfertigt ist (hierzu Burhoff EV, Rn 3203 ff.).
Darüber hinaus lässt Nr. 3 eine Entpflichtung auch dann zu, wenn aus einem sonstigen Grund keine angemessene Verteidigung des Beschuldigten gewährleistet ist. Dies wird insb. in Betracht kommen, wenn der Verteidiger seine Aufgabe nicht pflichtgemäß erfüllt und etwa einen inhaftierten Mandanten über Monate hinweg nicht besucht oder nur in völlig unzureichendem Umfang an der Hauptverhandlung teilnimmt (OLG Stuttgart NStZ 2016,436). In extremen Fällen können zudem auch völlig unzureichende Rechtskenntnisse für eine Entpflichtung genügen (KG, Beschl. v. 29.7.2013 – 2 Ws 369/13).
Hinweis:
Unfähigkeit des Verteidigers kommt jedoch nur höchst selten in Betracht. Insbesondere erfolgt keine Zweckmäßigkeitskontrolle der Verteidigungsstrategie durch das Gericht (KG, a.a.O.).