Die regelmäßige Arbeitszeit kann durch Anordnung von Überstunden im Einzelfall vorübergehend erhöht werden. Die Vereinbarung von Überstunden stellt folglich ebenfalls ein flexibles Arbeitszeitsystem dar. Von Überstunden spricht man, wenn i.R.d. gesetzlichen Höchstarbeitszeit die Arbeitszeit überschritten wird, die durch den Arbeitsvertrag vereinbart oder durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung festgelegt ist.
Abzugrenzen sind die Überstunden von der Mehrarbeit. Der Begriff Mehrarbeit bezeichnet jede die gesetzlich zulässige Höchstarbeitszeit überschreitende Arbeitszeit.
Beachte:
Ohne eine ausdrückliche Regelung ist der Arbeitnehmer grds. nicht verpflichtet, Überstunden zu leisten.
Aber auch wenn der Arbeitnehmer vertraglich verpflichtet ist, Überstunden zu leisten, ist damit nicht die Frage geklärt, ob bzw. wie diese Überstunden zu vergüten sind. Das ArbZG kennt keine Anspruchsgrundlage für die Vergütung von Überstunden.
Hinweis:
Oft finden sich in Arbeitsverträgen Klauseln, wonach anfallende Überstunden mit der Vergütung pauschal abgegolten werden. Nicht zu beanstanden sind solche sog. Abgeltungsklauseln, wenn dadurch eine zeitlich konkret eingegrenzte Anzahl von Überstunden – z.B. zehn Stunden monatlich – mit der Vergütung abgegolten wird. Unzulässig und folglich unwirksam ist es hingegen, wenn nach dem Arbeitsvertrag "sämtliche" oder "alle erforderlichen Überstunden" mit der Vergütung abgegolten werden sollen.
Die Vergütung von Überstunden setzt zum einen voraus, dass der Arbeitnehmer die Überstunden tatsächlich geleistet hat, und zum anderen, dass die Überstunden vom Arbeitgeber angeordnet, gebilligt oder geduldet worden oder jedenfalls zur Erledigung der geschuldeten Arbeit notwendig gewesen sind. Für beide Voraussetzungen – einschließlich der Anzahl der konkret geleisteten Überstunden – trägt der Arbeitnehmer die Darlegungs- und Beweislast (BAG, Urt. v. 21.12.2016 – 5 AZR 362/16, NZA-RR 2017, 233).
Hinsichtlich der Ableistung von Überstunden genügt der Arbeitnehmer zunächst seiner Darlegungslast, wenn er vorträgt, an welchen Tagen er von wann bis wann Arbeit geleistet oder sich auf Weisung des Arbeitgebers zur Arbeit bereitgehalten hat. Auf diesen Vortrag muss der Arbeitgeber substantiiert erwidern und im Einzelnen vortragen, welche Arbeiten er dem Arbeitnehmer zugewiesen hat und an welchen Tagen der Arbeitnehmer von wann bis wann diesen Weisungen – nicht – nachgekommen ist. Lässt sich der Arbeitgeber nicht substantiiert ein, gilt der Sachvortrag des Arbeitnehmers nach § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden (BAG, Urt. v. 25.6.2019 – 5 AZR 452/18, NZA 2019, 1361).
Hinweis:
Es kommt grds. auch eine konkludente Anordnung von Überstunden durch den Arbeitgeber in Betracht. Konkludent ordnet der Arbeitgeber Überstunden an, wenn er dem Arbeitnehmer Arbeit in einem Umfang zuweist, der unter Ausschöpfung der persönlichen Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers nur durch die Leistung von Überstunden zu bewältigen ist. Dazu muss der Arbeitnehmer darlegen, dass eine bestimmte angewiesene Arbeit innerhalb der Normalarbeitszeit nicht zu leisten oder ihm zur Erledigung der aufgetragenen Arbeiten ein bestimmter Zeitrahmen vorgegeben war, der nur durch die Leistung von Überstunden eingehalten werden konnte. Allein die Anwesenheit des Arbeitnehmers im Betrieb oder an einem Arbeitsort außerhalb des Betriebs begründet aber keine Vermutung dafür, Überstunden seien zur Erbringung der geschuldeten Arbeit notwendig gewesen.