Ein sicherer Übermittlungsweg i.S.d. § 65a Abs. 4 SGG ist nach Nr. 2 dieser Vorschrift die Übermittlung zwischen dem besonderen elektronischen Anwaltspostfach (beA) und der elektronischen Poststelle des Gerichts. Ist ein elektronisches Dokument nicht mit einer qualifizierten elektronischen Signatur (qeS) der verantwortenden Person versehen, ist es von dieser einfach zu signieren und auf dem sicheren Übermittlungsweg einzureichen (§ 65a Abs. 3 S. 1, Abs. 4 Nr. 2 SGG; gleichlautend: § 130a Abs. 3 S. 1, Abs. 4 Nr. 2 ZPO [auf § 130a ZPO verweist auch § 14 Abs. 2 S. 2 FamFG], § 46c Abs. 3 S. 1, Abs. 4 Nr. 2 ArbGG und § 52a Abs. 3 S. 1, Abs. 4 Nr. 2 FGO). Unter einfacher Signatur ist die Wiedergabe des Namens am Ende des Textes zu verstehen, etwa als maschinenschriftlicher Namenszug unter dem Schriftsatz oder als eingescannte Unterschrift. Ein Überblick darüber, was bei der Nutzung des beA für die Gerichtskorrespondenz zu beachten ist, findet sich bei Jungk, BRAK-Mitteilungen 2022, 126.
Hinweis:
Noch nicht abschließend geklärt ist, ob ein gerichtlicher Vergleich dann mittels beA nur mit qualifizierter Signatur angenommen bzw. vorgeschlagen werden kann, wenn das Gesetz hierfür Schriftlichkeit forderte, wie in § 101 Abs. 1 S. 2 1. Alt. SGG oder § 278 Abs. 6 S. 1 ZPO in seiner ersten Variante. Teilweise wird die Auffassung vertreten, wenn § 278 Abs. 6 S. 1 ZPO dieser Variante von den Parteien die Übermittlung eines „schriftlichen” Vergleichsvorschlag erwartet – anders die Variante zwei der Vorschrift, wonach der gerichtlich übermittelte Vergleichsvorschlag „durch Schriftsatz” angenommen werden kann –, müsse die Form der §§ 126,126a BGB gewahrt werden, was bei elektronischer Übermittlung die Anbringung der qeS voraussetze (so Junker in juris PK BGB, 9. Aufl., § 126a Rn 12). Anders hat, mit dem Hinweis auf die ratio legis des § 278 Abs. 6 ZPO, das ArbG Stuttgart entschieden (Beschl. v. 25.2.2022 – 4 Ca 688/22, zustimmend Radke JM 2022,197).
Zu weiteren höchstrichterlichen Entscheidungen zum beA s. die Kurzhinweise in: AnwBl 2022, 425 zu BGH, Beschl. v. 8.3.2022 – VI ZB 25/20, ZAP EN-Nr. 368/2022 = NJW 2022, 1820 u. BAG, Beschl. v. 25.4.2022 – 3 AZB 2/22, ZAP EN-Nr. 554/2022 = NJW 2022, 1832; hierzu Tiedemann jurisPR-ArbR 27/2022 Anm. 3.
Ein nicht mit einer qeS versehenes elektronisches Dokument ist nur dann auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht, wenn die das Dokument signierende Person dieses auch selbst verwendet hat (s. etwa BSG, Beschl. v. 18.11.2020 – B 1 KR 1/20 B, hierzu Keller jurisPR-SozR 9/2021, Anm. 4, ferner Sartorius/Winkler ZAP F. 18,1852 f).
Dem Beschluss des BSG v. 16.2.2022 – B 5 R 198/21 B (NJW 2022, 1334 m. Anm. Müller, 1336, ferner Schafhausen, FD-SozVR 2022, 447985 und die Anm. Hinweis: Es gibt keinen Autor, die Anm. stammt von der Redaktion im AnwBl 2022, 367), lag als Sachverhalt zugrunde: Die vom Kläger eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde enthielt den Briefkopf des Rechtsanwalts S und endete mit der maschinengeschriebenen Angabe „S, Rechtsanwalt” sowie dem handschriftlichen Zusatz „für den verhinderten RA S” und zwei nicht entzifferbare Namenskürzel sowie dem Zusatz „RA”. Das Anwaltspostfach wurde mit einem für RA H ausgestellten Absenderzertifikat benutzt.
Das Gericht entschied, eine einfache Signatur könne formwirksam auch handschriftlich angebracht werden, jedoch müsse die eingescannte Unterschrift lesbar sein. Das Anbringen nicht lesbarer Handzeichen sei nicht ausreichend. Vielmehr setze eine einfache Signatur mittels eingescannter Unterschrift voraus, dass die Unterschrift entzifferbar ist und damit von den Empfängern des Dokuments ohne Sonderwissen oder Beweisaufnahme einer bestimmten Person zugeordnet werden kann, die zudem erkennbar die innerliche Verantwortung für das Dokument übernehmen müsse.
Selbst wenn das handschriftliche Kürzel vorliegend dem Rechtsanwalt H zugeordnet werden könnte, fehle es an der für die Formanforderungen des § 65a Abs. 3 S. 1 Alt. 2 SGG erforderlichen Personenidentität. Es sei nicht zu erkennen, dass H die volle Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes übernommen habe. Vielmehr habe Rechtsanwalt S auf gerichtliche Nachfrage ausdrücklich erklärt, er sei die den fraglichen Schriftsatz verantwortende signierende Person, während Rechtsanwalt H nach Auftreten technischer Probleme den Schriftsatz lediglich unterzeichnet und über seinen beA-Zugang übermittelt habe. Soweit in der Folgezeit noch vorgebracht wurde, Rechtsanwalt S habe Rechtsanwalt H eine Untervollmacht erteilt, war aufgrund der weiteren Umstände des Falls nicht erkennbar, dass H mit seiner Unterschrift auch für den Inhalt des von ihm übermittelten Schriftsatzes verantwortlich zeichnen wollte. Dies ist jedoch erforderlich, da die einfache Signatur – ebenso wie die eigenhändige Unterschrift oder die qeS – die Identifizierung des Urhebers der schriftlichen Prozesshandlung ermöglichen und dessen unbedingten Willen zum Ausdruck bringen muss, die volle Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes zu...