Die lebzeitige Übertragung von Grundstücken im Wege der vorweggenommenen Erbfolge ist beliebt, um das eigene Vermögen steueroptimiert auf die nächste Generation zu übertragen. Wie bereits gesehen, erfolgt die Übertragung i.d.R. als Schenkung unentgeltlich, wodurch der Erwerb i.d.R. der Schenkungsteuer gem. § 7 ErbStG unterliegt. Behält sich der Schenker bestimmte Rechte vor oder erhält er vom Beschenkten eine Gegenleistung, können diese die Schenkungsteuerlast senken. Beispielweise reduziert der Vorbehaltsnießbrauch die steuerliche Bemessungsgrundlage. Seit dem 1.1.2009 kann der Kapitalwert des Nießbrauchs (vgl. IV. in Teil 1 des Beitrags, ZAP F. 12 S. 436) vom steuerlichen Grundbesitzwert abgezogen werden, wodurch nur die danach verbliebene Bereicherung der Schenkungsteuer unterworfen wird (Volland ZEV 2019, 254, 255). Bei der Erbschaftsteuer ist der Abzug von Nutzungsrechten ausgeschlossen, wenn sich diese als Belastungen des Grundstücks bei der Ermittlung des gemeinen Werts ausgewirkt haben (§ 10 Abs. 6 S. 11 ErbStG). Dieses bietet den Vorteil, dass der Ansatz des Jahreswertes des Nießbrauchs gem. § 16 BewG nicht auf 18,6 des Werts des genutzten Wirtschaftsguts beschränkt ist (Volland ZEV 2019, 254, 255). Hat der Beschenkte sich zur Pflege des Übertragenden verpflichtet, können diese Leistungen bei der Festsetzung der Schenkungsteuer zunächst nicht gem. § 7 Abs. 3 ErbStG berücksichtigt werden, wenn eine Pflegebedürftigkeit noch nicht vorliegt. In diesem Fall können die Pflegekosten noch nicht hinreichend bemessen werden. Tritt die Pflegebedürftigkeit zu einem späteren Zeitpunkt ein, kann auf Antrag des Steuerpflichtigen die Steuerfestsetzung bis zum Ende des auf den Eintritt des Ereignisses folgenden Jahres geändert werden (Kappler/Kappler, a.a.O., S. 327 Rn 987). Zu Wohnzwecken vermietete Immobilien sind mit 90 % ihres Wertes anzusetzen (vgl. § 13d Abs. 1, 3 ErbStG).
Die persönlichen Freibeträge gem. § 16 ErbStG können nach Ablauf von zehn Jahren in voller Höhe erneut ausgenutzt werden (vgl. § 14 ErbStG), sofern nicht bereits der Erwerb steuerfrei erfolgt ist. Beispielweise kommt ein lebzeitiger steuerbefreiter Erwerb unter Ehegatten gem. § 13 Abs. 1 Nr. 4a S. 1 ErbStG in Betracht, wenn ein Ehegatte dem anderen Ehegatten Eigentum oder Miteigentum an einem Grundstück verschafft, soweit darin eine Wohnung zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird (Familienheim). In diesen Fällen sind aber etwaige Pflichtteilsergänzungsansprüche von eigenen Abkömmlingen zu beachten, wodurch sich der Abschluss eines Pflichtteilsverzichts anbietet. Ein steuerbefreiter Erwerb unter Ehegatten kommt unter den gleichen Voraussetzungen auch im Erbfall in Betracht (vgl. § 13 Abs. 1 Nr. 4b ErbStG). Ebenfalls kommt ein steuerbefreiter Erwerb des Familienheims im Erbfall an die eigenen Abkömmlinge gem. § 13 Abs. 1 Nr. 4c S. 1 ErbStG in Betracht,
- sofern der Erblasser darin bis zum Erbfall eine Wohnung zu eigenen Wohnzwecken genutzt hat oder bei der er aus zwingenden Gründen an einer Selbstnutzung zu eigenen Zwecken gehindert war;
- der Erwerber (Abkömmling) muss unverzüglich in das Objekt einziehen, soweit er im Objekt noch nicht wohnt;
- die Wohnfläche der Wohnung darf 200 qm nicht übersteigen.
Hinweis:
In den Fällen des § 13 Abs. 1 Nr. 4b, 4c ErbStG gewährt die Rechtsprechung eine Karenzzeit von sechs Monaten für die Entscheidung zur Selbstnutzung und der tatsächlichen Umsetzung dieser Absicht (Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk/Jülicher, § 13 ErbStG, Rn 69a). Für die Testamentsgestaltung ist in den Fällen des § 13 Abs. 1 Nr. 4b, 4c ErbStG der jeweilige Nachversteuerungstatbestand zu beachten, wonach die Steuerbefreiung mit Wirkung für die Vergangenheit wegfällt, wenn der Erwerber das Familienheim innerhalb von zehn Jahren nach dem Erwerb nicht mehr zu Wohnzwecken selbst nutzt, es sei denn, er ist aus zwingenden Gründen an einer Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken gehindert. Letzteres kann gem. einer aktuellen Entscheidung des BFH der Fall sein, wenn gesundheitliche Beeinträchtigungen dem Erwerber eine selbstständige Haushaltsführung in dem erworbenen Familienheim unmöglich macht (BFH, Urt. v. 1.12.2021 – II R 18/20, BeckRS 2021, 54783). Der BFH hat die Frage im Ergebnis offengelassen, ob die Voraussetzungen tatsächlich vorliegen, und die Sache zur Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen. Der Erwerber nutzt das Familienheim nicht mehr selbst, wenn er es innerhalb von zehn Jahren auf einen Dritten überträgt und sich ein lebenslanges Nießbrauchrecht vorbehält (BFH, Urt. v. 11.7.2019 – II R 38/16, ZEV 2020, 57).