I. Vorbemerkung
Kann im Hauptsacheverfahren Rechtsschutz nicht rechtzeitig erlangt werden, ist auch im arbeitsgerichtlichen Verfahren ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung möglich. Im Verhältnis zur Hauptsache sind beide Verfahren nebeneinander zulässig, da sie grds. unterschiedliche Rechtsschutzziele und Wirkungen haben. Eine endgültige Befriedigung des Gläubigers soll im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht erreicht werden. Daher dürfen grds. nur vorläufige Maßnahmen zur Sicherung eines streitigen Anspruchs getroffen oder streitige Rechtsverhältnisse geregelt werden. Hauptanwendungsfälle sind im Arbeitsrecht die einstweilige Verfügung auf Urlaubsgewährung, Weiterbeschäftigung und Unterlassung von Wettbewerb. In dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung muss der Antragsteller die Eilbedürftigkeit der Sache darlegen. Hieran werden hohe Anforderungen gestellt. Zentrale Norm ist § 62 Abs. 1 S. 1 ArbGG, wonach für eine einstweilige Verfügung die Vorschriften des 8. Buchs der ZPO Anwendung finden (LAG Hamm, Urt. v. 6.5.2002 – 8 Sa 641/02, NZA-RR 2003, 178).
II. Voraussetzungen
Die einstweilige Verfügung setzt neben einem Antrag auf Erlass einer einstweilige Verfügung 1. einen Verfügungsanspruch, 2. einen Verfügungsgrund und 3. die Glaubhaftmachung von Verfügungsanspruch und Verfügungsgrund voraus.
1. Verfügungsanspruch
Verfügungsanspruch ist der materielle Anspruch, dessen Vereitelung oder Gefährdung durch Zeitablauf die einstweilige Verfügung verhindern soll. In der Mehrzahl der Fälle gehen Arbeitnehmer im Wege der einstweilige Verfügung gegen ihre Arbeitgeber vor. Streitgegenstand bilden insb. Ansprüche auf Beschäftigung bzw. Weiterbeschäftigung, Unterlassung von Versetzungen und Urlaubsgewährung.
Zudem ist grds. anerkannt, dass selbst der Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers trotz teilweiser Befriedigungswirkung im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes durchgesetzt werden kann (vgl. LAG Köln, Urt. v. 28.2.2014 – 4 Ta 28/14, AE 2014, 254 f. und LAG Köln, Urt. v. 3.5.2012 – 6 SaGa 2/12). Auf etwaige Ansprüche auf Arbeitslosengeld nach dem SGB II oder SGB III muss sich der Arbeitnehmer wegen der Subsidiarität nicht verweisen lassen. Die Vorschriften bezwecken nicht, den Arbeitgeber vor einer Inanspruchnahme im Eilverfahren zu schützen.
Beachte:
Im Zusammenhang mit betriebsverfassungsrechtlichen Vorschriften kommt eine einstweilige Verfügung zum Schutz eines Rechts mitunter nicht in Betracht. Dies gilt insb. für die Missachtung der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats bei personellen Einzelmaßnahmen nach § 99 BetrVG. Denn § 100 BetrVG regelt, wann und wie lange eine vorläufige Maßnahme aufrechterhalten bleiben darf. Das BAG lehnt daher einen allgemeinen Unterlassungsanspruch des Betriebsrats zur Verhinderung einer gegen § 99 Abs. 1 oder § 100 Abs. 2 BetrVG verstoßenden personellen Einzelmaßnahme ab (BAG, Beschl. v. 23.6.2009 – 1 ABR 23/08, NZA 2009, 1430). Damit scheidet auch ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung aus.
2. Verfügungsgrund sowie Arten der einstweiligen Verfügung
Weitere Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Verfügung nach den §§ 935, 940 ZPO sind eine besondere Eilbedürftigkeit, der Verfügungsgrund. Zur Abwendung wesentlicher Nachteile muss bereits vor einer Klärung strittiger Rechtsfragen im regulären Hauptsacheverfahren vorab im Wege der summarischen Prüfung im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes eine (vorläufige) Regelung zwingend erforderlich sein.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass erst diese besondere Eilbedürftigkeit es rechtfertigt, dass in einem summarischen Verfahren, in dem die Möglichkeiten Tatsachenvortrag zu halten bereits aufgrund der Kürze der Zeit stark eingeschränkt sind und in dem nur eingeschränkte Beweismöglichkeiten bestehen (vgl. § 294 Abs. 2 ZPO) zulasten des Schuldners entschieden werden kann. Es ist nicht Sinn einer einstweiligen Verfügung, eine möglichst schnelle Erfüllung des Verfügungsanspruchs zu ermöglichen.
Hinweis:
Etwas anders mag (nur) dann gelten, wenn der Schuldner das Bestehen des Verfügungsanspruchs einräumt, dieser also „unstreitig” besteht. Denn in diesem Fall ist eine Prüfung des Verfügungsanspruchs nicht erforderlich; auf die Besonderheiten des summarischen Verfahrens kommt es damit nicht mehr an.
Im Einzelnen hängen die Erfordernisse von der Art der beantragten einstweiligen Verfügung ab.
a) Sicherungsverfügung
Die sog. Sicherungsverfügung i.S.d. § 935 ZPO bezweckt die Sicherung von solchen Forderungen, die nicht auf Geld gerichtet sind und daher nicht durch Arrest gesichert werden können. Ihr Zweck besteht darin, die Verwirklichung des Anspruchs dadurch zu sichern, dass der bestehende Zustand in Bezug auf einen bestimmten Streitgegenstand erhalten bleibt. Dieser Grund für die Sicherung muss zur Abwendung einer Gefährdung des Gläubigerinteresses im Eilverfahren objektiv notwendig sein. Es müssen Umstände bestehen, die nach dem Urteil eines vernünftigen Menschen befürchten lassen, die Verwirklichung des Anspruchs sei durch eine bevorstehende Veränderung des bestehenden Zustandes gefährdet.
Beispiel:
Es droht ein wesentlicher Substanzve...