I. Einleitung
Mit dem Gesetz über die Verteilung der Maklerkosten vom 12.6.2020 (BGBl I, S. 1245; Materialien: BT-Drucks 19/15827; BT-Drucks 19/19203) wurde erstmals seit Inkrafttreten des BGB das Immobilienmaklerrecht novelliert. Die Maklerprovisionskostenreform hat in den Titel 10 einen neuen Untertitel 4 „Vermittlung von Kaufverträgen über Wohnungen und Einfamilienhäuser” mit vier Bestimmungen (§§ 656a-656d BGB) eingefügt, der nach einer halbjährigen Übergangsfrist am 23.12.2020 in Kraft getreten ist. Zugleich wurde die sprachlich überholten, bisherigen Bezeichnungen Mäkler, Mäklervertrag und Mäklerlohn durch die Begriffe Makler, Maklervertrag und Maklerlohn ersetzt (BT-Drucks 19/15827, S. 2).
Die Reform wendet sich gegen die vornehmlich in den norddeutschen Bundesländern Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Schleswig-Holstein sowie im Land Hessen, insb. in den dortigen Ballungszentren, vorherrschende Praxis, die Maklerlohnkosten insgesamt auf den Käufer abzuwälzen (D. Fischer, NJW 2020, 3553 Rn 39). Durch zwingende Regelungen, wonach die Maklerprovision im Falle der Doppeltätigkeit (§ 656c BGB) von beiden Parteien des Hauptvertrags jeweils zur Hälfte zu tragen ist sowie bei Überwälzen der Provision auf den anderen Teil (§ 656d BGB) maximal nur die Hälfte übertragen werden darf, soll der Käufer entlastet werden (Halbteilungsgrundsatz, vgl. D. Fischer, NJW 2020, 1268, 1269; Wistokat, NZM 2021, 585, 595).
II. Sachlicher Anwendungsbereich des Untertitels 4
Die Bestimmungen des Untertitels 4 sind, wie dessen Legalüberschrift ausweist, auf Maklerverträge beschränkt, die sich auf die Vermittlung von Kaufverträgen über Wohnungen und Einfamilienhäuser beziehen (D. Fischer, IMR 2021, 88). Der Begriff Vermittlung wird hierbei als Oberbegriff verwendet (ebenso § 1 Abs. 1 WoVermittG; vgl. auch D. Fischer, ZAP 2016, 841, 842), der nicht nur die Vermittlung im engeren Sinn erfasst, sondern sich auch auf die Nachweistätigkeit erstreckt (Würdinger, jM 2021, 46, 47; D. Fischer, IMR 2021, 88 f.).
1. Begriff Wohnung
Eine Wohnung i.S.d. Untertitels 4 ist jede Zusammenfassung von Räumen, die zu Wohnzwecken von einem Haushalt genutzt wird (BT-Drucks 19/15827, S. 18).
Hinweis:
Die Örtlichkeit muss grundstücksbezogen sein, deshalb fallen Wohnwagen und Wohnschiffe nicht in den Geltungsbereich der Vorschriften des Untertitels 4 (Grüneberg/Retzlaff, BGB, 82. Aufl. 2023, § 656a Rn 2).
Auf die rechtliche Ausgestaltung kommt es nicht an (D. Fischer, IMR 2021, 88, 89). Daher sind neben Wohnungseigentum i.S.d. § 1 Abs. 2 WEG beispielweise auch Wohnungserbbaurechte (§ 30 WEG) und Dauerwohnrechte (§ 31 Abs. 1 S. 1 WEG) erfasst (D. Fischer, NJW 2020, 3553 Rn 6).
2. Begriff Einfamilienhaus
Als Einfamilienhaus gilt jedes Gebäude, das in erster Linie den Wohnzwecken der Mitglieder eines einzelnen Haushalts dient (BT-Drucks 19/15827, S. 18). Erwirbt eine alleinstehende Person ein Einfamilienhaus, ist ebenfalls der Anwendungsbereich des Untertitels 4 angesprochen (D. Fischer, NJW 2020, 3553 Rn 5).
Beispiele:
Maßgeblich ist die Verkehrsanschauung, sodass auch große und aufwendig ausgestattete Objekte dem Begriff Einfamilienhaus zugeordnet werden können (P. Meier, Notar 2021, 35, 38). Auch der Erwerb einer Doppelhaushälfte oder eines Reihenhauses fällt unter den Begriff des Einfamilienhauses (Wistokat, NZM 2021, 905, 907).
Unschädlich ist eine weitere Wohnung von untergeordneter Bedeutung, wie etwa eine Einliegerwohnung (BT-Drucks 19/15827, S. 18).
Hinweis:
Diese weitere Wohnung kann auch als Atelier, Büro, Praxis oder Kanzlei genutzt werden (D. Fischer, NJW 2020, 3553 Rn 5, J. Schmidt, NZM 2021, 289, 292: „Souterrain-Kanzlei”; a.A. P. Meier, Notar 2021, 35, 39). Ferner sind umfangreiche Nebengebäude, wie etwa Keller, Anbauten, Schuppen und größere Garagen unerheblich (Grüneberg/Retzlaff, § 656a Rn 3). Unter den Begriff Einfamilienhaus fallen neben dem klassischen Grundstückseigentum (vgl. § 93 BGB) auch Erbbaurechte nach dem Gesetz über das Erbbaurecht (BT-Drucks 19/15827, S. 18).
3. Abgrenzungskriterium Erwerbszweck
Um die Begriffe Wohnung und Einfamilienhaus hinreichend zu erfassen, ist nicht nur die Verkehrsanschauung heranzuziehen, sondern ggf. auch der konkrete Erwerbszweck zu berücksichtigen (D. Fischer, IMR 2021, 88, 89; J. Schmidt, NZM 2021, 289, 292).
Beispiele:
Wird etwa für eine kinderreiche Familie ein bislang als Zweifamilien- oder Mehrfamilienhaus dienendes Gebäude erworben, um es tatsächlich als Einfamilienhaus zu nutzen, handelt es sich um ein Einfamilienhaus i.S.d. Untertitels (D. Fischer, NJW 2020, 3553 Rn 6; J. Schmidt, NZM 2021, 289, 292; ebenso PWW/Fehrenbach, BGB, 17. Aufl. 2022, § 656a Rn 2). Werden beide Hälften eines Doppelhauses zum vorgenannten Zweck erworben, ist ebenso vom Erwerb eines Einfamilienhauses auszugehen (a.A. Wistokat, NZM 2021, 905, 907). Gleiches gilt beim Erwerb mehrerer Eigentumswohnungen, um diese zu einer Wohnungseinheit zusammenzufügen (D. Fischer, IMR 2021, 88, 89).
Wird dagegen nur auf die Verkehrsanschauung oder die aktuelle Nutzung, mithin die Nutzung des Voreigentümers, abgestellt und damit der Anwendungsbereich des Halbteilungsgrundsatzes verneint (...