Mit einer interessanten, bislang im Schrifttum wenig erörterten Fallgestaltung hat sich das Deutsche Notarinstitut im Rahmen eines Gutachtens befasst (Deutsches Notarinstitut, DNotI-Report 2022, 19; hierzu D. Fischer, NJW 2022, 3265 Rn 22). Zu entscheiden war, welche Provisionsregelung im Falle der Veräußerung eines Mehrfamilienhauses zu gelten hat, wenn ein Mieter als Verbraucher von seinem Vorkaufsrecht hinsichtlich der von ihm bewohnten Wohnnung Gebrauch macht. Nach der höchstrichterlichen Judikatur ist die für den Erwerber vorgesehene Maklerprovision auch für den Vorkaufsberechtigten verbindlich, wenn sich die Provision im üblichen Rahmen bewegt und mithin keinen Fremdkörper bildet (BGH, Urt. v. 11.1.2007 – III ZR 7/06, NJW-RR 2007, 563 Rn 10 f.; Urt. v. 12.5.2016 – I ZR 5/15, NJW 2016, 3233 Rn 10).
Im Ausgangsfall wurde im Rahmen einer konstitutiven Maklerklausel (vgl. hierzu auch Genz, ZMR 2022, 610) vereinbart, dass der Erwerber die gesamte Maklerprovision zu tragen hat. Im Kaufvertrag war auch aufgeschlüsselt, welcher Provisionsanteil auf die einzelnen Wohnungen entfällt. Das Deutsche Notarinstitut hat in seinem Gutachten die Rechtsansicht vertreten, dass dieser Provisionsanteil auch dann für einen Vorkaufberechtigten bindend ist, wenn dieser Verbraucher ist und damit in den Anwendungsbereich der §§ 656c, 656d BGB fällt. Vorrang habe der in § 464 BGB enthaltene Gleichbehandlungsgrundsatz, wonach der Vorkaufsberechtigte in die Rechtsstellung des Ersterwerbers trete und mithin auch die gleiche Provision zu entrichten habe (Deutsches Notarinstitut, DNotI-Report 2022, 19, 20). Diese Auffassung führt zur Nichtanwendung des zwingend zu beachtenden Halbteilungsgrundsatzes für die in Rede stehende Fallgestaltung.
Dem ist nicht zu folgen. Vorrang hat der Halbteilungsgrundsatz. Werden die Bestimmungen der §§ 656c, 656d BGB für anwendbar gehalten, würde dies zwar bedeuten, dass der Vorkaufsberechtigte bessergestellt wird als der Ersterwerber. Während dieser provisionspflichtig wäre, würde der Verbraucher von der Provisionszahlungspflicht freigestellt, weil der zulasten des Erwerbers vereinbarte doppelte Provisionssatz gegen den Halbteilungsgrundsatz verstößt (§ 656d I S. 1 BGB) und daher die Regelung gem. § 134 BGB nichtig ist (Staudinger/Arnold, BGB, 2021, § 656d Rn 5). Der Verkäufer kann aber diese Rechtsfolge vermeiden, indem er unterschiedliche Provisionsabreden für die Ausübung des Vorkaufsrechts vorsieht. Ist der Erwerber kein Verbraucher, gilt die allgemeine Regelung, ansonsten wird eine hälftige Aufteilung der Provision, wie in §§ 656c, 656d BGB vorgesehen, vereinbart. Eine Überschreitung des Halbteilungsgrundsatzes führt zu einer unüblich hohen Provision, die ohnehin keine Bindungswirkung zu entfalten vermag (BGH, Urt. v. 12.5.2016 – I ZR 5/15, NJW 2016, 3233 Rn 10). Daher ist auch für die genannte Fallgestaltung die Einhaltung des Halbteilungsgrundsatzes geboten, dagegen verstoßende Regelungen haben keine Bindungswirkung für den Verbraucher als Erwerber (D. Fischer, NJW 2022, 3265 Rn 22).