Ab Volljährigkeit kann das Kind seine Rechte im laufenden Verfahren jetzt selbst wahrnehmen. Hier bieten sich in einem laufenden gerichtlichen Verfahren folgende Möglichkeiten an:
1. Gewillkürter Beteiligtenwechsel
Wenn das volljährig gewordene Kind bereit ist, in das Verfahren gegen den Elternteil einzutreten, kann es mit Zustimmung des nicht mehr legitimierten Elternteils im Wege des gewillkürten Beteiligtenwechsels (BGH, Beschl. v. 19.6.2013 – XII ZB 39/11, FamRZ 2013, 1378) als Antragsteller in das laufende Verfahren eintreten. Eine Zustimmung des Verfahrensgegners – des unterhaltspflichtigen anderen Elternteils – ist nicht erforderlich (BGH, Beschl. v. 19.6.2013 – XII ZB 39/11, FamRZ 2013, 1378; BGH, Beschl. v. 23.2.1983 – IVb ZR 359/81, FamRZ 1983, 474, 475). Daher ist der Beteiligtenwechsel sogar noch in der Rechtsbeschwerdeinstanz zulässig (BGH, Beschl. v. 19.6.2013 – XII ZB 39/11, FamRZ 2013, 1378).
Hinweise:
- Die erforderliche Erklärung ist eine Prozesshandlung, folglich bedingungsfeindlich (Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 2023, § 50 Vorbem. 21) und unterliegt dem Anwaltszwang.
- Das volljährig gewordene Kind ist an die vorgefundene Verfahrenslage gebunden (Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 2023, § 50 Vorbem. 21), muss das Verfahren in dem vorhandenen Stand fortführen und ist auch an einen vom Elternteil geschlossenen Vergleich gebunden (vgl. § 1629 Abs. 3 S. 2 BGB; Schwonberg in: Eschenbruch/Schürmann, Unterhaltsprozess, 2021, Kap. 2 Rn 528).
- Die bisher vorgenommenen Verfahrenshandlungen und Beweisaufnahmen bleiben grds. wirksam (Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 2023, § 50 Vorbem. 21).
- Damit übernimmt das Kind auch die im Verfahren geltend gemachten Unterhaltsrückstände aus der Zeit seiner Minderjährigkeit.
- Die Kostenentscheidung ergeht zwischen dem volljährigen Kind als neuem Antragsteller und dem unterhaltspflichtigen Elternteil als Antragsgegner (Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 2023, § 50 Vorbem. 21).
Verweigert der bisher vertretende Elternteil seine Zustimmung zu diesem Beteiligtenwechsel, bleibt der Elternteil Beteiligter des Verfahrens. Sein Antrag wird allerdings als unzulässig abgewiesen mit der entsprechenden Kostenfolge (Schmitz in: Wendl/Dose, Unterhaltsrecht, 10. Aufl. 2019, § 10 Rn 50 m.w.N.).
2. Erledigungserklärung
Der bisher legitimierte Elternteil kann auch den Antrag im Kosteninteresse einseitig für erledigt erklären, weil mit seiner Verfahrensführungsbefugnis eine Zulässigkeitsvoraussetzung für die Durchsetzung des Kindesunterhaltes nachträglich entfallen ist (BGH, Beschl. v. 19.6.2013 – XII ZB 39/11, NJW 2013, 2595 = FamRZ 2013, 1378; OLG Köln, Beschl. v. 4.12.2012 – 4 UF 158/12, FamFR 2013, 92; OLG Rostock, Beschl. v. 14.1.2012 – 10 UF 146/11, FamRZ 2012, 890; Schmitz in: Wendl/Dose, Unterhaltsrecht, 10. Aufl. 2019, § 10 Rn 49 m.w.N.).
Hinweise:
- Gibt der bisher legitimierte Elternteil keine Erledigungserklärung ab, wird sein Antrag als unzulässig abgewiesen (Schmitz in: Wendl/Dose, Unterhaltsrecht, 10. Aufl. 2019, § 10 Rn 50 m.w.N.).
- Dies gilt auch hinsichtlich des Kindesunterhaltes, wenn ein Elternteil im gleichen Verfahren Ehegattenunterhalt und Unterhalt für ein minderjähriges Kind geltend gemacht hat und im Laufe des Verfahrens das Kind volljährig wird.
- Ein von dem Elternteil nach Eintritt der Volljährigkeit abgeschlossener Vergleich über Ehegattenunterhalt und auch Kindesunterhalt kann dadurch insgesamt unwirksam werden (OLG Hamm, Beschl. v. 24.7.2020 – II-7 UF 102/19, FamRB 2021, 364).