Den Begriff des Gender Pay Gap dürften inzwischen die meisten kennen. Er beträgt in Deutschland aktuell 18 % und zeigt die Gehaltsdifferenz zwischen Männern und Frauen bei gleicher Tätigkeit auf. In der Rechts- und Steuerberatungsbranche ist der Gender Pay Gap erheblich größer. Nach einer aktuellen Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung beträgt der Gehaltsunterschied dort sogar 32 %.
Für die Anwaltschaft hat zuletzt die von der Bundesrechtsanwaltskammer durchgeführte STAR-Studie 2020 detaillierte Zahlen ermittelt. Laut STAR-Bericht 2020 betrug der Gehaltsunterschied zwischen angestellten Anwältinnen und Anwälten 18,2 % (Männer 77.000 EUR, Frauen 63.000 EUR), bei den Syndizi lag er bei 26,5 % (Männer 136.000 EUR, Frauen 100.000 EUR). Bei selbstständig tätigen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten belief sich der Unterscheid bezogen auf den Umsatz auf 37 % (Männer 215.000 EUR, Frauen 136.000 EUR), bezogen auf den durchschnittlichen persönlichen Überschuss sogar auf 40 % (Männer 110.000 EUR, Frauen 66.000 EUR).
Der Bericht, der umfangreiche Daten zur Struktur und wirtschaftlichen Lage der Anwaltschaft erhoben und ausgewertet hat, lässt zudem darauf schließen, dass die Einkommensunterschiede weniger auf unterschiedliche geschlechtsspezifische Arbeitszeitmodelle zurückgeführt werden können, sondern auch auf andere Faktoren wie unterschiedliche Tätigkeitsschwerpunkte von Männern und Frauen oder einer kleineren Kanzleigröße. Denn die vorgenannten Zahlen beziehen sich nur auf in Vollzeit tätige Anwältinnen und Anwälte.
Neben diesem Gender Pay Gap gibt es noch den Gender Pension Gap: Dieser auch als „geschlechtsspezifische Altersvorsorgelücke” oder „Rentenlücke” bezeichnete Indikator beschreibt den relativen Unterschied der Alterssicherungseinkommen von Männern und Frauen ab 65 Jahren. Er gibt an, um wie viel Prozent die durchschnittlichen Alterseinkünfte von Frauen niedriger sind als die von Männern. Das geschlechtsspezifische Gefälle bei den Alterseinkünften liegt aktuell bei 29,9 %. Die Alterseinkünfte von Frauen waren also durchschnittlich knapp ein Drittel niedriger als die von Männern. Laut Angaben des Statistischen Bundesamts erhielten Frauen ab 65 Jahren durchschnittlich 17.814 EUR im Jahr, Männer 25.407 EUR. Zu den Alterseinkünften wurden dabei Alters- und Hinterbliebenenrenten, Pensionen sowie Renten aus individueller privater Vorsorge gerechnet. Ohne die Berücksichtigung von Hinterbliebenenrenten liegt das Rentengefälle noch wesentlich höher: bei 42,6 %. Frauen ab 65 Jahren erhielten durchschnittlich 14.371 EUR im Jahr, Männer 25.042 EUR, entsprechend 1.197,58 EUR (Frauen) und 2.086,83 EUR (Männer) im Monat.
Doch wie sieht es in der Anwaltschaft aus? Die ARGE Anwältinnen hat sich auf ihrer diesjährigen Herbsttagung in Köln des Themas angenommen und bei dem Versorgungswerk der Rechtsanwälte im Lande NRW nachgefragt. Die Ergebnisse zeigen auch hier ein deutliches Gefälle zwischen den Geschlechtern: Bezogen auf die reinen Altersrenten beläuft sich Stand August 2023 die Durchschnittsrente der weiblichen Mitglieder auf rund 1.476 EUR, die Durchschnittsrente der männlichen Mitglieder auf rund 1.923 EUR. Damit ergibt sich ein Gender Pension Gap von 23,2 %, der erfreulicherweise deutlich niedriger ist als der vom Statistischen Bundesamt errechnete Wert von 42,6 %.
Annähernd korrelierend zu dem geringeren prozentualen Rentenwert ist der durchschnittliche Beitrag der weiblichen Mitglieder zum Versorgungswerk NRW mit 746 EUR um 24,8 % geringer als der der männlichen Mitglieder mit 992 EUR.
Dieser Beitrag i.H.v. 746 EUR entspricht ca. 50 % des Regelpflichtbeitrags, der ausgehend von der Beitragsbemessungsgrenze von 7.300 EUR im Monat derzeit bei 1.357,80 EUR liegt. Dementsprechend müssen Frauen mit einer rund 50 % geringeren Rente als bei Zahlung des Pflichtbeitrags rechnen. Für das Versorgungswerk NRW zeigt die Rententabelle bei durchgehender Zahlung des Regelpflichtbeitrags abhängig vom Eintrittsalter eine Anwartschaft auf Altersrente ab Alter 67 in Höhe zwischen 2.075,75 EUR (Eintrittsalter 45) und 4.512,20 EUR (Eintrittsalter 25).
Die ganz persönliche Rentenanwartschaft teilt das Versorgungswerk allen Mitgliedern jährlich durch Übersendung der Rentenanwartschaftsmitteilung zum Stand 1. Januar des jeweiligen Kalenderjahres mit. Diese Mitteilung sollte sich tunlichst jede Anwältin gründlich anschauen und v.a. einen Blick auf den persönlichen durchschnittlichen Beitragsquotienten werfen. Dieser kann insb. nach einer längeren Unterbrechung der Berufstätigkeit, wie z.B. wegen Kindererziehung, sinken.
Da die Rentenanwartschaft sich aus dem vom Versorgungswerk festgelegten Rentensteigerungsbetrag multipliziert mit der Anzahl der anzurechnenden Versicherungsjahre und dem persönlichen durchschnittlichen Beitragsquotienten errechnet, kann dies beträchtliche negative Folgen für die Rente haben. Dem lässt sich jedoch entgegenwirken. So kann z.B. durch die Zahlung freiwilliger Be...