Der Bundestag hat am 21. Oktober die von der Bundesregierung im Sommer auf den Weg gebrachten Änderungen im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) beschlossen. Damit sollen die Rechte von Leiharbeitnehmern gestärkt und Missbräuche bei Werkverträgen eingedämmt werden (vgl. hierzu zuletzt ZAP Anwaltsmagazin 17/2016, S. 885).
Mit dem Gesetz wird eine Höchstdauer für die Überlassung von Arbeitnehmern an andere Betriebe von grundsätzlich 18 Monaten eingeführt. Nach diesem Zeitraum müssen Leiharbeitnehmer übernommen werden, wenn sie weiterhin dort arbeiten sollen; andernfalls muss der Verleiher sie abziehen. Tarifpartner können sich durch Tarifvertrag allerdings auf eine längere Überlassung einigen.
Auch für nicht tarifgebundene Unternehmen gibt es die Möglichkeit, entliehene Arbeitnehmer länger als 18 Monate zu beschäftigen (sog. Öffnungsklausel). Sie können entweder die Regelungen eines Tarifvertrags in der Einsatzbranche eins zu eins per Betriebsvereinbarung übernehmen oder, falls dies nicht möglich ist, maximal 24 Monate Überlassungsdauer vereinbaren.
Leiharbeitnehmer müssen spätestens nach neun Monaten das gleiche Arbeitsentgelt bekommen wie vergleichbare Stammbeschäftigte ("equal pay"). Auch dürfen sie nicht mehr als Streikbrecher eingesetzt werden. Um künftig den Abschluss von Scheinwerkverträgen zu verhindern, wird eine Klarstellung ins BGB aufgenommen. In Kraft treten soll die Reform im April kommenden Jahres.
Zuvor hatte das Vorhaben noch teilweise heftige Kritik seitens der in einer Ausschusssitzung angehörten Experten erfahren. So bemängelten die Vertreter von Arbeitgeberverbänden u.a. die mangelhafte Definition von "equal pay" (gleiche Bezahlung) und die Höhe der Sanktionen bei Verstößen gegen die geplanten Vorschriften. Der Vertreter der Tarifgemeinschaft Zeitarbeit bezeichnete die Regelung zu "equal pay" als unbrauchbar, weil unklar sei, welche Gehaltsbestandteile davon erfasst seien. "Am Ende werden die Arbeitnehmer die Verlierer sein", lautete seine grundsätzliche Kritik. Die Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände (BDA) führte in ihrer Stellungnahme aus, dass die Verpflichtung zur Zahlung des gleichen Gehalts in vielen Fällen eine finanzielle Mehrbelastung und einen nicht zu überschauenden bürokratischen Aufwand für die Betriebe bedeute. Es sei schwierig festzustellen, welche Bestandteile zur Zahlung von "equal pay" gehören. Ein BDA-Vertreter kritisierte außerdem die geplanten Sanktionen. Es gebe schon heute Sanktionen bei Missbrauch von Leiharbeit. Für die geplanten Verschärfungen sehe er keinen Anlass.
Eine Verschlechterung auch für die Arbeitnehmer befürchtete eine Professorin für Arbeitsrecht an der Universität Oldenburg. Bei der Höchstüberlassungsdauer auf den einzelnen Arbeitnehmer und nicht auf den Arbeitsplatz abzustellen, bedeute, dass der Leiharbeitnehmer einfach ausgewechselt werden könne. "So kann durch Leiharbeitnehmer auf dem gleichen Arbeitsplatz dauerhaft Stammpersonal ersetzt werden", erläuterte sie. Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) kritisierte, dass durch die Reform Dauerarbeitsplätze mit wechselnden Leiharbeitskräften besetzt und so letztlich Stammbeschäftigte verdrängt werden können. Um "Drehtüreffekte" bei der Höchstüberlassungsdauer zu vermeiden, sollte deshalb ein Arbeitsplatzbezug im Gesetz verankert werden.
[Quelle: Bundestag]