In der Prüfungspraxis wird insbesondere dann, wenn der Prüfling sich nicht gerecht bewertet fühlt, nach der Rechtmäßigkeit der durchgeführten Prüfung gefragt. In der Rechtsprechung ist geklärt, dass Leistungsbewertungen ausschließlich den dafür bestimmten Prüfern obliegen, die diese Aufgabe eigenständig und unabhängig wahrzunehmen haben. Nur die Prüfer, nicht die Prüfungsbehörden üben den prüfungsrechtlichen Bewertungsspielraum aus (BVerfG NVwZ 1995, 469, 470 f.; BVerwG NVwZ-RR 2013, 44 Rn 7). Die Prüfertätigkeit lässt sich aufgrund ihrer Komplexität weitgehend nicht durch allgemeingültige Regeln erfassen. Vielmehr nimmt der jeweilige Prüfer die Bewertung anhand von Maßstäben vor, die er in Bezug auf die konkrete Prüfungsaufgabe autonom erstellt. Aufgrund der Gewichtung der einzelnen Vorzüge und Nachteile der Prüfungsleistung und deren Vergleich mit anderen Bearbeitungen vergibt der Prüfer die Note, d.h. er ordnet die Prüfungsleistung in eine normativ vorgegebene Notenskala ein (vgl. BVerfGE 84, 34, 50 ff., BVerfG, NVwZ 1995, 469, 470).
In seinem Beschluss vom 5.3.2018 (6 B 71.17, 6 PKH 6.17, NJW 2018, 2142 ff. = Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 429) stellt das BVerwG hinsichtlich des Wertungsspielraums des Prüfers heraus, dass dessen Wertungen, die sich damit befassten, ob der Prüfungsteilnehmer alle in Betracht kommenden fachlichen Fragen behandelt habe, nur dann fachliche Wertungen darstellten, wenn sie einer Richtigkeitskontrolle anhand des fachwissenschaftlichen Meinungsstands zugänglich seien. Dies sei nicht der Fall bei Wertungen, die sich damit befassten, ob der Bearbeiter die von der Prüfungsaufgabe aufgeworfenen Fragen vollständig oder nur lückenhaft erkannt habe. Derartigen Wertungen liege die Einschätzung des Prüfers zugrunde, welche Anforderungen die konkrete Aufgabenstellung an die Bearbeitung stelle. Sie seien prüfungsspezifischer Natur, weil dies nicht anhand fachwissenschaftlicher Kriterien beurteilt werden könne. Dementsprechend hätten die Verwaltungsgerichte Wertungen des Prüfers, der Bearbeiter habe nicht alle Fragen erkannt, deren Behandlung nach der Aufgabenstellung gefordert sei, daraufhin nachzuprüfen, ob sich der Prüfer innerhalb der Grenzen des Bewertungsspielraums gehalten habe. Dies hänge vor allem davon ab, ob er die Aufgabenstellung nachvollziehbar interpretiert habe.