Gegenstand des Rechtsstreits ist die Genehmigung des Umbaus und die Restaurierung einer Schank- und Speisewirtschaft. Die Genehmigung erlaubt im Erdgeschoss eine Gaststätte im Brauhaus-Stil mit insgesamt 74 Plätzen in einer "Schwemme" und einem Vereinszimmer, in dem mit einem Durchgang verbundenen Gebäude (...) ein Speiselokal mit 246 Sitzplätzen ist.
Nach § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO sind im allgemeinen Wohngebiet die der Versorgung des Gebiets dienenden Schank- und Speisewirtschaften zulässig. Eine Schank- und Speisewirtschaft dient der Versorgung des Gebiets, wenn sie sich dem allgemeinen Wohngebiet, in dem sie liegt, funktional zuordnen lässt (BVerwG Buchholz 406.12 § 4 BauNVO Nr. 7 S. 6). Die Schank- und Speisewirtschaft muss auf die Deckung eines gastronomischen Bedarfs ausgerichtet sein, der in dem so abgegrenzten Gebiet und nach den dortigen demographischen und sozialen Gegebenheiten tatsächlich zu erwarten ist (BVerwG Buchholz 406.12 § 4 BauNVO Nr. 13 S. 10 ff.). Dabei können auch regionale Unterschiede von Bedeutung sein (BVerwG Buchholz 406.12 § 4 BauNVO Nr. 14 S. 16). Ist die Schank- und Speisewirtschaft auf gebietsfremde Gäste ausgerichtet, so ist sie in einem allgemeinen Wohngebiet gebietsunverträglich und damit unzulässig (so BVerwG Buchholz 406.12 § 4 BauNVO Nr. 13 S. 10). Das Erfordernis der Gebietsversorgung verhindert so, dass Unruhe in das allgemeine Wohngebiet hineingetragen wird.
Das BVerwG stellt in seinem Urt. v. 20.3.2019 (4 C 5.18, BauR 2019, 1283 ff. = NWVBl 2019, 320 f. = ZfBR 2019, 577 ff.) heraus, dass das Tatbestandsmerkmal der Gebietsversorgung nicht nur Störungen abwehre, sondern zugleich zum Zweck eines allgemeinen Wohngebiets beitrage. Ein solches Gebiet diene nach § 4 Abs. 1 BauNVO vorwiegend dem Wohnen. Die Nutzungen nach § 4 Abs. 2 Nr. 2 und 3 BauNVO seien der Wohnnutzung zugeordnet, damit im Wohngebiet selbst eine Versorgungsinfrastruktur bereitgestellt werden könne, mit der sich die Grundbedürfnisse der Bevölkerung befriedigen lasse. Zu diesen Grundbedürfnissen gehöre die Möglichkeit, in fußläufiger Entfernung eine Schank- oder Speisewirtschaft aufzusuchen. Die Zulassung von gebietsversorgenden Schank- und Speisewirtschaften in § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO diene damit dem in § 1 Abs. 6 Nr. 2 BauGB formulierten Grundsatz, dass die Bauleitplanung den Wohnbedürfnissen der Bevölkerung entsprechen solle. Sie greife darüber hinaus den in § 1 Abs. 6 Nr. 8 Buchst. a BauGB genannten Gesichtspunkt der verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung auf.
Betriebe, die ein Gebiet versorgen, können die in einem allgemeinen Wohngebiet angestrebte Wohnruhe stören. Solche Störungen nimmt die BauNVO bei Handwerksbetrieben nicht hin, die nur als nicht störende nach § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO 1977 zulässig sind (VGH Mannheim BRS 56 Nr. 54). Anders liegt es bei gebietsversorgenden Schank- und Speisewirtschaften. Im Interesse der genannten Belange und damit aus Gründen überlegter Städtebaupolitik nimmt die Baunutzungsverordnung die Störungen in Kauf, die Gaststätten in einem Wohngebiet regelmäßig schon deshalb hervorrufen, weil sie auch zu Zeiten betrieben werden, zu denen dem Ruhebedürfnis der Nachbarschaft besonderes Gewicht zukommt (BVerwG Buchholz 406.12 § 4 BauNVO Nr. 13 S. 9; ähnlich BVerwG Buchholz 406.12 § 4 BauNVO Nr. 14 S. 16 und BVerwGE 116, 155, 159).
Hinweis:
Die der Gebietsversorgung dienende Schank- und Speisewirtschaft bestimmt die Baunutzungsverordnung dagegen tatbestandlich eher eng, erklärt sie in Kleinsiedlungsgebieten (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO) und allgemeinen Wohngebieten (§ 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO) für allgemein zulässig und ordnet sie diesen Gebieten funktional zu. Die von ihnen bei typisierender Betrachtung ausgehenden Störungen hält der Verordnungsgeber für gebietsverträglich.