Die rechtssichere Abgrenzung der vorstehend genannten Vergütungsvarianten bereitet der Praxis ersichtlich Probleme (vgl. BAG v. 14.11.2012 – 10 AZR 783/11, NZA 2013, 1150 – Kombination Gratifikation, Tantieme und Zielvereinbarung). Begrifflichkeiten werden nicht immer trennscharf verwandt, was nicht zuletzt dem Umstand von Mischformen und fehlender Sorgfalt aufgrund Unkenntnis der rechtlichen Hintergründe geschuldet ist. Auslegungsrisiken und sich daraus ergebende rechtliche Nachteile sind im Streitfall die unausweichliche Folge. Vom Grundsatz her werden unter dem Oberbegriff „Sonderzahlungen/-vergütungen” Zahlungen des Arbeitgebers wie eine Jahressonderzahlung, das 13. Gehalt, das Weihnachtsgeld, die Gratifikation, der Zuschlag oder die Zulage und schließlich die Sonderprämien erfasst. Daneben gibt es die „Bonuszahlungen” (Zielvereinbarung, Provisionen, Tantiemen) und „Aktienoptionen” bzw. ähnliche Beteiligungsformen. Bei allen Erscheinungsformen stellt die Rechtsprechung unabhängig von der Bezeichnung der Zahlung (vgl. BAG v. 26.9.2007 – 10 AZR 569/06, NZA 2007, 1424) auf den mit der Leistung maßgeblich verfolgten Zweck ab. Aufgrund dessen ist es zwingend erforderlich, den Zweck möglichst präzise zu formulieren, um keine Auslegungsspielräume und damit verbundene Unsicherheiten zu schaffen. Nur die konkrete Bestimmung des Zwecks ermöglicht den sicheren Rückschluss auf den Entgelt- (im Sinne „do ut des” vgl. Lembke, a.a.O., 257, 259 ff.) oder sonstigen Charakter der Zahlung. Dies ist entscheidend, da die Formen variabler Vergütung mit Blick auf die Rechtsprechung streng danach abzugrenzen sind, ob sie das Austauschverhältnis „Arbeit gegen Lohn” und damit das arbeitsvertragliche Synallagma der Hauptleistungspflichten betreffen. Eine Gewinn-Tantieme ist als Sonderzahlung mit Entgeltcharakter (= Austauschverhältnis „Arbeit gegen Lohn/Vergütung/Entgelt” betroffen) streng von reinen Gratifikationen, wie etwa reinen Betriebstreuzahlungen, und Sonderzahlungen mit Mischcharakter (= Zwischenformen, wie etwa ein variables Einkommen mit Tantieme- und Treueprämie-Elementen) abzugrenzen. Das BAG (v. 23.3.2017 – 6 AZR 264/16, a.a.O.) führt diesbezüglich aus:
„Sonderzahlungen können auch anderen Zwecken als der Vergütung erbrachter Arbeitsleistung dienen. Sie können als „Treueprämie” langfristige oder als „Halteprämie” kurzfristige oder künftige Betriebstreue belohnen (vgl. BAG v. 12.9.2013 – 6 AZR 980/11 – Rn 32 ff., BAGE 146, 64; v. 14.11.2012 – 10 AZR 793/11 – Rn 15 m.w.N.; v. 18.1.2012 – 10 AZR 667/10 – Rn 13, BAGE 140, 239). Der Arbeitgeber kann auch den Zweck verfolgen, sich anlassbezogen an den zum Weihnachtsfest typischerweise erhöhten Aufwendungen seiner Arbeitnehmer zu beteiligen (vgl. BAG v. 18.5.2016 – 10 AZR 233/15 – Rn 10, 12 f.; v. 5.7.2011 – 1 AZR 94/10 – Rn 35). Die Leistung solcher Sonderzahlungen hängt nicht von einer bestimmten Arbeitsleistung, sondern regelmäßig nur vom Bestand des Arbeitsverhältnisses ab (vgl. BAG v. 14.11.2012 – 10 AZR 793/11, a.a.O.; v. 18.1.2012 – 10 AZR 667/10, a.a.O.). Reiner Gratifikationscharakter ist anzunehmen, wenn eine Leistung nicht von einer Gegenleistung abhängig ist (vgl. BAG v. 18.5.2016 – 10 AZR 233/15 – Rn 18).”
Als Leistung, die zu keiner Gegenleistung im Wechselseitigkeitsverhältnis steht, unterliegen reine Gratifikationen geringeren rechtlichen Einschränkungen als Sonderzahlungen mit Entgeltcharakter. Entsprechend größer ist an dieser Stelle der Gestaltungsspielraum für den Arbeitgeber. Sonderzahlungen mit Mischcharakter werden wie Sonderzahlungen mit Entgeltcharakter behandelt. Entsprechend kann eine Sonderzahlung, die auch eine Gegenleistung für im gesamten Kalenderjahr laufend erbrachte Arbeit darstellt, in AGB hingegen regelmäßig nicht vom Bestand des Arbeitsverhältnisses am 31.12. des betreffenden Jahres abhängig gemacht werden (BAG v. 13.11.2013 – 10 AZR 848/12, a.a.O.; vgl. nachstehend VII. Stichtagsklausel).
Will der Arbeitgeber den Gestaltungsspielraum reiner Gratifikationen nutzen, sollte eine entsprechende Regelung durch die Vertragsgestaltung klar von Sonderzahlungen mit Entgeltcharakter abgegrenzt werden und der reine Gratifikationszweck muss eindeutig hervortreten. Allein dem Umstand, dass eine Sonderzahlung jeweils zum Ende des Kalenderjahres ausgezahlt wurde, lässt sich nicht entnehmen, dass mit ihr ausschließlich die Betriebstreue honoriert werden sollte. Will der Arbeitgeber andere Ziele als die Vergütung der Arbeitsleistung verfolgen, muss dies vielmehr deutlich aus der zugrunde liegenden, ggf. konkludent getroffenen arbeitsvertraglichen Abrede hervorgehen (BAG v. 13.5.2015 – 10 AZR 266/14, NZA 2015, 992).