Vor- und Nachteile einer unterschiedlichen Rentenbezugsdauer werden durch einen Zugangsfaktor vermieden, § 63 Abs. 5. Dieser richtet sich nach dem Alter der Versicherten bei Rentenbeginn und bestimmt, in welchem Umfang Entgeltpunkte bei der Ermittlung des Monatsbetrags der Rente als persönliche Entgeltpunkte zu berücksichtigen sind, § 77 Abs. 1.

Der Zugangsfaktor von EM-Renten wird durch §§ 77 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 mit Abschlägen von 0,3 % pro Monat belegt, wenn sie vor Vollendung des 65. Lebensjahrs in Anspruch genommen werden, maximal beträgt der Abschlag aber 10,8 %. Beginnen Renten wegen verminderter EM vor dem 1.1.2024, so richtet sich der Zugangsfaktor nach der Tabelle in § 264d. Im Jahr 2021 beträgt das maßgebliche Lebensalter 64 Jahre und 6 Monate. Bei nachfolgenden Alters- und Hinterbliebenenrenten bleibt der Abschlag bestehen.

Langjährig Versicherte, d.h. solche, die eine Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben (§ 36 S. 1 SGB VI), erhalten die Erwerbsminderungsrente bereits bei einem Renteneintritt mit 63 Jahren ohne Abschlag (§ 77 Abs. 4 SGB VI).

Ein ggf. niedrigerer Zugangsfaktor reduziert die Rentenhöhe. Die für diese Regelung genannte Begründung, keinen Anreiz zur Umgehung von Altersgrenzen zu schaffen, erscheint zweifelhaft, weil der Eintritt der Erwerbsminderung nicht im Belieben der Versicherten steht, sondern auf die krankheits- bzw. behinderungsbedingte Unfähigkeit zurückgeht, einer Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch nachgehen zu können. Im Gesetzgebungsverfahren des EM-Leistungsverbesserungsgesetzes (s.u.) hatte der Bundesrat 2018 – allerdings im Ergebnis erfolglos – die Abschaffung der Abschläge bei den EM-Renten zur Diskussion gestellt.

 

Hinweis:

Aufgrund der verlängerten Zurechnungszeiten und des damit verbundenen Zuwachses an Rente kann es für Personen, die älter als 60 Jahre sind und die aufgrund ihres Gesundheitszustands die Voraussetzungen für eine EM-Rente erfüllen, empfehlenswert sein, diese anstelle einer vorzeitigen Altersrente oder eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen in Anspruch zu nehmen. Die Betroffenen haben auch insoweit Ansprüche auf Beratung und Auskunft gegenüber ihrem Rentenversicherungsträger nach §§ 14, 15 SGB I.

Empfehlenswert ist es zudem, in solchen Fällen vorrangig die EM-Rente und nur vorsorglich – falls ein entsprechender Antrag abgelehnt werden sollte – die vorzeitige Altersrente zu beantragen. Regelmäßig ist der Antrag auf eine vorzeitige Altersrente früher entscheidungsreif als der Antrag auf EM-Rente. Falls später eine höhere EM-Rente bewilligt wird, besteht hierauf von Rentenbeginn an Anspruch (§ 99 Abs. 1, bei befristeten Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit s. § 101 Abs. 1), wie sich nunmehr ausdrücklich aus der Neuregelung in § 89 Abs. 1 S. 3 ff. ergibt.

Wenn ein niedrigerer Zugangswert einen längeren Rentenbezug kompensieren soll, so tritt konsequenterweise eine Erhöhung ein, wenn die Rente nach Maßgabe von § 77 Abs. 3 Nr. 2 nicht in Anspruch genommen wird.

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