In der obergerichtlichen Rechtsprechung ist bislang die Frage nicht abschließend geklärt, ob bzw. wann ein sog. E-Scooter/E-Bike als Kraftfahrzeug i.S.d. StGB/StVG anzusehen ist bzw. welcher BAK-Wert bei E-Scooter-Fahrern zugrunde zu legen ist. Dazu liegt jetzt zwar auch der BGH Beschl. v. 2.3.2021 (4 StR 366/20, DAR 2021, 39z, NZV 2021, 378, VRR 7/2021, 18) vor, eine abschließende Klärung bringt er aber auch noch nicht. Nach dem Sachverhalt hatte der Angeklagte in alkoholisiertem Zustand im öffentlichen Verkehr einen „Elektroroller Sunny-E-Bike”, der ein Versicherungskennzeichen trug und mit dem ohne Einsatz menschlicher Kraft eine Geschwindigkeit von 20 km/h erreicht werden kann, geführt. Dabei wies der Angeklagte eine Blutalkoholkonzentration von mehr als 1,1 ‰ auf. Das LG hatte diese Taten als fahrlässige Trunkenheit im Verkehr gem. § 316 Abs. 2 StGB bewertet.
Nach Auffassung des BGH (a.a.O.) trugen die Feststellungen die Verurteilung nicht. Es fehle an Feststellungen zur fahrzeugtechnischen Einordnung des bei den Fahrten verwendeten Elektrorollers. Dem Senat sei es deshalb verwehrt, anhand der Urteilsgründe zu überprüfen, ob das LG zu Recht den für alkoholisierte Führer von Kraftfahrzeugen als unwiderleglichen Indizwert für die Annahme absoluter Fahrtüchtigkeit entwickelten Grenzwert der Blutalkoholkonzentration von 1,1 ‰ (BGHSt 37, 89) seiner rechtlichen Bewertung der Taten zugrunde gelegt habe. Zwar ergebe sich aus den Feststellungen noch, dass mit dem Elektroroller ohne menschlichen Kraftaufwand eine Höchstgeschwindigkeit von 20 km/h erreicht werden konnte, sodass es sich bei diesem um ein Elektrokleinstfahrzeug i.S.d. § 1 eKFV gehandelt haben könnte. Fahrzeuge dieser Klasse zählen – so der BGH (a.a.O.) – zwar gem. § 1 Abs. 1 eKFV straßenverkehrsrechtlich zu den Kraftfahrzeugen i.S.d. § 1 Abs. 2 StVG. Allerdings seien in § 1 Abs. 1 eKFV verschiedene Fahrzeugarten zusammengefasst, denen zwar der elektrische Antrieb und die bauartbedingte Höchstgeschwindigkeit gemeinsam sind, die i.Ü. aber unterschiedliche technische Merkmale aufweisen. Ob und inwieweit die vor dem Aufkommen der Elektrokleinstfahrzeuge ergangene Rechtsprechung zu dem Grenzwert der absoluten Fahruntüchtigkeit von Kraftfahrern (BGHSt 37, 89) auch auf Nutzer dieser neuen Fahrzeugklasse übertragen werden kann (vgl. für E-Scooter bejahend BayObLG VRR 10/2020 15, StRR 1/2021, 35; LG Stuttgart StraFo 2020, 460; LG Dortmund StRR 3/2020, 28, VRR 3/2020, 16; offenlassend LG Halle (Saale) zfs 2021, 161), sei höchstrichterlich noch nicht entschieden worden. Mangels näherer Feststellungen sowohl zu der Fahrzeugklasse des vom Angeklagten genutzten Elektrorollers als auch zu dessen technischen Merkmalen im Einzelnen könne der Senat die Rechtsfrage im vorliegenden Fall nicht abschließend beantworten.
Hinweis:
Der BGH hat das Verfahren an das LG zurückverwiesen, damit dort die erforderlichen tatsächlichen Feststellungen zur Beschaffenheit des Fahrzeugs getroffen werden, um auf deren Grundlage dann den Grenzwert der absoluten Fahruntüchtigkeit zuverlässig zu bestimmen. Die h.M. in der Praxis geht allerdings derzeit dahin, dass auf den Fahrer eines E-Scooters die für den Kraftfahrzeugführer geltenden Werte anzuwenden sind (vgl. dazu neben den o.a. Nachweise noch Burhoff in: Handbuch für das straßenverkehrsrechtliche OWi-Verfahren, 6. Aufl., 2021, Rn 3665 m.w.N.; zur Einordnung von Elektrofahrräder mit Begrenzung der motorunterstützten Geschwindigkeit auf 25 km/h (sog. Pedelecs) (OLG Karlsruhe, Beschl. v. 14.7.2020 – 2 Rv 35 Ss 175/20,zfs 2020, 526, DAR 2020, 579, VRR 9/2020, 15, StRR 9/2020, 28).