Die Bundesregierung plant eine Reform des Asylverfahrens; einen entsprechenden Gesetzentwurf hat das Bundeskabinett Anfang November beschlossen. Ziel des Vorhabens ist es, bessere und schnellere Entscheidungen in den Verfahren herbeizuführen und dadurch Gerichte und Behörden zu entlasten. Die Belastung der Verwaltungsgerichte führe zu einer im Schnitt langen Verfahrensdauer, heißt es zur Begründung; diese soll deutlich reduziert werden.
In den vergangenen Jahren sei die Zahl der Gerichtsverfahren in Asylangelegenheiten erheblich angestiegen, erläutert die Bundesregierung. Ende Juli 2022 seien mehr als 130.000 erstinstanzliche Verfahren anhängig gewesen. Hinzu kämen mehr als 100.000 nicht erledigte Fälle beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Die Belastung der Verwaltungsgerichte führe inzwischen zu einer durchschnittlichen Verfahrensdauer von mehr als 26 Monaten. Von den neuen Regelungen erhoffe man sich deutlich schnellere Verfahren.
Insgesamt sollen die Verfahren gestrafft und dieâEUR™Abläufe effizienter werden. Vorgesehen ist auch, die bisherige Regelüberprüfung von Asylbescheiden zu streichen und Widerrufs- und Rücknahmeverfahren zukünftig nur noch anlassbezogen durchzuführen. Neben dieser Beschleunigung will die Regierung mit der Reform eine einheitliche Rechtsprechung erreichen; die bislang uneinheitliche Gerichtspraxis habe Rechtsunsicherheit verursacht, die wiederum zu mehr Gerichtsverfahren geführt habe, so die Begründung. Auch digitale Technik soll künftig besser genutzt werden, u.a. Videotechnik. Zudem sollen Entscheidungen im schriftlichen Verfahren erleichtert werden.
Die beiden Anwaltsverbände BRAK und DAV haben an dem Vorhaben bereits harsche Kritik geübt. Der Gesetzentwurf sei hinsichtlich einiger angedachter Regelungen geradezu von einer "Misstrauenspolitik gegenüber Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten durchdrungen", schreibt die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) in ihrer offiziellen Stellungnahme zum Entwurf. Aus Beschleunigungsgründen sollen Verfahrensrechte weitgehend beschnitten werden und dies ohne jeden sachlichen Grund. Sollte die Umsetzung der Neuregelungen wie vorgesehen erfolgen, sei mit einer massiv ansteigenden Zahl der Eilantragsverfahren zu rechnen, was durch die ohnehin belasteten Gerichte kaum zu bewältigen sein dürfte, so die Prognose der BRAK.
Auch der Deutsche Anwaltverein (DAV) lehnt das Vorhaben in seiner jetzigen Form überwiegend ab. Unter dem Vorwand der Verfahrensbeschleunigung enthalte der Entwurf gleich mehrere Versuche, die Rechte der Antragstellenden weiter einzuschränken, begründet der Verein seine Kritik. Hingegen seien tatsächliche Beschleunigungseffekte von der Reform nicht zu erwarten. Positiv sieht der DAV nur wenige Punkte, u.a. dass künftig eine behördenunabhängige Asylverfahrensberatung gefördert werden soll.
[Quellen: Bundesregierung/BRAK/DAV]