Der Anbau von Betäubungsmitteln in Form der Aufzucht umfasst sämtliche gärtnerischen oder landwirtschaftlichen Bemühungen, um Wachstum von in den Anlagen I bis III zum Betäubungsmittelgesetz genannten Pflanzen zu erreichen. So hat der BGH im Urt. v. 6.9.2023 (6 StR 107/23) entschieden.
Das LG hatte den Angeklagten (nur) wegen Beihilfe zum bandenmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt. Nach den Feststellungen des LG erwarb der gesondert verfolgte J. 2020 im Auftrag einer serbischen Organisation, die grenzüberschreitenden Drogenhandel bezweckte und von P. und Po. geführt wurde, ein Anwesen mit Scheune und errichtete darin eine Cannabisplantage. Dazu wurde die Scheune mit einer Beleuchtungs-, einer Klima- sowie einer Abluftanlage ausgestattet. Spätestens im Februar 2021 begann dort die Aufzucht von Cannabispflanzen. Das Umtopfen sowie andere zeitweise anfallende Tätigkeiten – wie etwa Erntearbeiten – wurden von Mitgliedern der Organisation ausgeführt. Das alltägliche Betreuen und Versorgen der Plantage – insb. das regelmäßige Bewässern und Düngen der Pflanzen sowie die Sicherstellung der ordnungsgemäßen Funktion der Beleuchtungs-, Klima- und Abluftanlage – wurde hingegen von P. und Po. jedenfalls für zwei Pflanzperioden im Winter 2021/2022 dem Angeklagten übertragen. Er versprach sich dafür eine Entlohnung i.H.v. 700 bis 800 EUR monatlich, insgesamt einen Betrag von 4.000 bis 5.000 EUR. Ihm war bewusst, dass die aufgezogenen Pflanzen zum gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmt waren. Spätestens am 24.8.2021 führte der Angeklagte weisungsgemäß die vereinbarte Tätigkeit aus, wobei er sich überwiegend allein auf der Plantage aufhielt und nur im Bedarfsfall J. informierte, etwa bei Problemen mit der Elektronik oder bei Materialbedarf. Bei einer Durchsuchung im November 2021 wurden dort 1.651 erntereife Marihuanapflanzen vorgefunden. Diese hatten vielfach bereits Blütendolden ausgebildet und eine Höhe von 1,5 bis 1,8 m erreicht. Die abgeernteten Blüten und Blätter wiesen einen durchschnittlichen Wirkstoffgehalt von 12,15 %, mind. 5,687 kg Tetrahydrocannabinol, auf. Im Keller des Anwesens befanden sich darüber hinaus etwa 500 kg Pflanzenreste.
Das LG hat die Tätigkeit des Angeklagten aufgrund seiner untergeordneten Stellung lediglich als Beihilfe zum bandenmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gewertet. Wegen seiner alleinigen tatsächlichen Zugriffsgewalt auf die aufgezogenen Cannabispflanzen habe er sich tateinheitlich des täterschaftlichen Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig gemacht. Gegen dieses Urteil hatte sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer auf die Sachrüge gestützte Revision gewandt.
Der BGH (Urt. v. 6.9.2023 – 6 StR 107/23) hat den Schuldspruch als zum Teil rechtsfehlerhaft angesehen. Zwar habe das LG zu Recht angenommen, dass der Angeklagte insb. aufgrund seiner untergeordneten Stellung in der Organisation sowie seiner Einbindung ausschließlich in der Aufzuchtphase lediglich als Gehilfe in das bandenmäßige Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge eingebunden war (vgl. BGH, Urt. v. 27.7.2005 – 2 StR 192/05, NStZ 2006, 578, 579). Jedoch habe er sich tateinheitlich hierzu des (täterschaftlich begangenen) bandenmäßigen Anbaus von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gem. § 30a Abs. 1 StGB schuldig gemacht.
Der Anbau von Betäubungsmitteln in Form der Aufzucht umfasst sämtliche gärtnerischen oder landwirtschaftlichen Bemühungen, um Wachstum von in den Anlagen I bis III zum Betäubungsmittelgesetz genannten Pflanzen zu erreichen (vgl. OLG Dresden NStZ-RR 1999, 372, 373; OLG München, Beschl. v. 23.4.2009 – 4 St RR 27/09, Patzak in: Patzak/Volkmer/Fabricius, Betäubungsmittelgesetz, 10. Aufl., § 29 Rn 43; ähnlich MüKo-StGB/Oglakcıoglu, 4. Aufl., § 29 Rn 22; Weber in Weber/Kornprobst/Maier, Betäubungsmittelgesetz, 6. Aufl., § 29 Rn 54). Hierzu zählen namentlich das Bewässern, das Düngen und das Belichten (Patzak, a.a.O., Rn 47). Der Angeklagte habe – so der BGH – mithin durch die gut zweimonatige Bewirtschaftung der Plantage – insb. durch die regelmäßige Bewässerung und Düngung der Cannabispflanzen sowie die Sicherstellung der ordnungsgemäßen Funktion der technischen Anlagen – diese Begehungsvariante erfüllt und sich daher als Mitglied der dahinterstehenden Organisation (auch) des bandenmäßigen Anbaus von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 30a Abs. 1 StGB) schuldig gemacht.
Hinweis:
So weit ersichtlich, hatte der BGH zu der Frage bisher noch nicht Stellung genommen. Damit liegt die erste höchstrichterliche Entscheidung zu der Problematik vor.
Die Konkurrenzfrage hat der BGH (Urt. v. 6.9.2023 – 6 StR 107/23) wie folgt gelöst: Im Verhältnis zur Beihilfe des Angeklagten zum bandenmäßigen Handeltreiben von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge kommt dem bandenmäßigen Anbau nach seiner Auffassung ein eigener Unrechtsgehalt zu, ...