Für die Berechnung des Unterhalts ist es von entscheidender Bedeutung, ob überhaupt ein „paritätisches Wechselmodell” vorliegt.
Hinweise:
- Sowohl beim herkömmlichen Residenzmodell als auch beim sog. erweiterten Umgang (im Reformvorschlag des BMJ „asymmetrisches Wechselmodell” genannt; s. dazu unten) wird ein abweichender Berechnungsweg vorgegeben.
- Nach dem Reformvorschlag (s. unten) wird es keine Änderung beim Residenzmodell und auch keine Änderungen beim „paritätischen Wechselmodell” geben.
- Die nachfolgend dargestellte Rechtsprechung des BGH zum Berechnungsweg beim Wechselmodell behält also auch nach der geplanten Reform ihre Gültigkeit.
Ein „paritätisches Wechselmodell” verlangt einmal vollständig gleichwertige Betreuungsanteile der Eltern (BGH, Beschl. v. 12.3.2014 – XII ZB 234/13, FamRZ 2014, 917; OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 3.4.2013 – 2 UF 394/12, FamRZ 2014, 46), denn beim Wechselmodell stellt die genau hälftige elterliche Betreuung eines Kindes nämlich gerade den Wesenskern dieses Betreuungsmodells dar (BGH, Beschl. v. 16.2.2022 – XII ZB 19/21, FamRZ 2022, 707). Dies ist jedenfalls bei einem vollständig gleichen zeitlichen Umfang der Betreuung gegeben (50 % zu 50 %); vereinzelt wird auch ein Verhältnis von 48 % zu 52 % noch als ausreichend angesehen (OLG Nürnberg, Beschl. v. 20.12.2016 – 11 UF 673/16, NZFam 2017, 257).
Kein Wechselmodell ist dagegen bejaht worden bei einer Betreuung im Verhältnis von 45 % zu 55 % (KG, Beschl. v. 15.4.2019 – 13 UF 89/16, NJW 2019, 2036; OLG Brandenburg, Beschl. v. 14.4.2022 – 9 UF 155/21, NZFam 2022, 975), von 58 % zu 42 % (OLG Köln, Beschl. v. 23.5.2016 – 10 UF 5/16, NZFam 2016, 1046) und einem Anteil von 43 % bzw. 45 % (OLG Dresden, Beschl. v. 30.9.2021 – 20 UF 421/20, FamRZ 2022, 31 m. Anm. Borth).
Hinweise:
- Es kommt jedoch nicht allein auf das zeitliche Verhältnis an. Vielmehr muss die Sicherstellung der Betreuung gleichermaßen bei beiden Eltern liegen.
- Trägt dagegen ein Elternteil den Schwerpunkt der Verantwortung, scheidet die Annahme des Wechselmodells aus.
- Die Darlegungs- und Beweislast trägt der Elternteil, der sich auf die überwiegende Betreuung beruft (OLG Köln, Beschl. v. 21.3.2014 – 4 UF 1/14, FamRZ 2015, 859 m.w.N.; vgl. auch OLG Brandenburg, Beschl. v. 13.7.2015 – 3 UF 155/14, NZFam 2015, 868).
- Kritisch einwenden lässt sich hiergegen, dass nach allgemeinen Regeln die Darlegungs- und Beweislast derjenige trägt, der Abweichungen vom Normalfall behauptet. Da das Wechselmodell jedoch nicht der gesetzgeberisch geregelte Normalfall ist, müsste die Darlegungs- und Beweislast bei dem Beteiligten liegen, der sich auf das Wechselmodell beruft.