Nach § 25 S. 1 SGB XII müssen Sozialhilfeträger anderen, die in einem Einzelfall Leistungen erbracht haben, die bei rechtzeitigem Einsetzen von Sozialhilfe nicht zu erbringen gewesen wären und die die anderen nicht aufgrund rechtlicher oder sittlicher Pflicht selbst zu tragen haben, ihre Aufwendungen im gebotenen Umfang erstatten. Die Vorschrift hat vor allem für medizinische Leistungserbringer Bedeutung. Sowohl in Krankenhäusern als auch bei Ärzten treten in der Praxis Fälle auf, die aus medizinischer Sicht sofortiges Handeln erforderlich machen, in denen aber der Sozialhilfeträger noch nicht abschließend über die Erbringung von Sozialleistungen entschieden hat oder, wie im hier zu besprechenden Fall, nicht dienstbereit war. In dem hier zu besprechenden Urt. v. 13.7.2023 – B 8 SO 11/22 R, juris (hierzu Kellner, jurisPR-SozR 3/2024 Anm. 5; Voelzke, jM 2024, 303) hatte das BSG zu entscheiden, ob ein Sozialhilfeträger einer Klinik die Kosten einer Untersuchung nach § 25 SGB XII auch dann erstatten muss, wenn die untersuchte Person Überbrückungsleistungen nach § 23 Abs. 3 S. 3 SGB XII erhält. Das BSG bejahte dies.
Ein alkoholabhängiger, wohnsitzloser polnischer Staatsangehöriger wurde nach Dienstschluss des Beklagten in die von der Klägerin betriebene Klinik mit Verdacht auf Herzinfarkt eingeliefert. Die Untersuchung bestätigte den Verdacht nicht, sodass keine stationäre Behandlung erforderlich war. Der Untersuchte war in der Bundesrepublik Deutschland nicht gemeldet und war auch nicht im Ausländerregister registriert. Seinen Lebensunterhalt bestritt er mit Betteln. Vermögen hatte er nicht. Das Ausländeramt hatte ihm das Freizügigkeitsrecht entzogen, ihn aber nicht abgeschoben. Die Klägerin verlangte vom Beklagten die Erstattung der Kosten der Untersuchung i.H.v. 166,47 EUR, was dieser aber ablehnte.
Anspruchsgrundlage ist § 25 S. 1 SGB XII. Die Voraussetzung der Eilbedürftigkeit war erfüllt. Bei der Einlieferung mit Verdacht auf Herzinfarkt musste eine sofortige Diagnose erfolgen.
Weiter ist Voraussetzung des Anspruchs, dass der Sozialhilfeträger bei Kenntnis des Bedarfs des Untersuchten eine Leistung erbracht hätte. Hierzu ist nach den Ausführungen des BSG erforderlich, dass alle Voraussetzungen einer Leistung nach § 8 SGB XII erfüllt sind. Hierzu gehöre bei Ausländern auch, dass die Leistung nicht nach § 23 SGB XII ausgeschlossen ist.
Im entschiedenen Fall war der Leistungsausschluss nach § 23 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 SGB XII einschlägig. Dem Kläger stand kein Aufenthaltsrecht in der Bundesrepublik Deutschland zu. Ein Anspruch auf Leistungen der Krankenbehandlung nach § 19 Abs. 3 SGB XII i.V.m. § 48 SGB XII schied damit aus.
Hinweis:
Wer unionsrechtlich freizügigkeitsberechtigt und damit aufenthaltsberechtigt ist, ergibt sich aus § 2 Abs. 2 FreizügG/EU. Bei Arbeitnehmern und selbstständig Erwerbstätigen bleibt das Freizügigkeitsrecht nach der Erwerbstätigkeit nach Maßgabe von § 2 Abs. 3 FreizügG/EU erhalten. Unionsbürger, die nicht erwerbstätig sind, sind freizügigkeitsberechtigt, wenn sie über einen ausreichenden Krankenversicherungsschutz und ausreichende Existenzmittel verfügen.
Damit kam nur noch ein Anspruch auf Übernahme der Kosten der Untersuchung als Überbrückungsleistung nach § 23 Abs. 3 S. 3 ff. SGB XII in Betracht.
Hinweis:
Überbrückungsleistungen erhält ein Ausländer, dessen Anspruch auf Leistungen der Sozialhilfe nach § 23 Abs. 3 S. 1 SGB XII ausgeschlossen ist. Dies ist in folgenden Fällen der Fall:
Sind die ausgeschlossenen Ausländer hilfebedürftig, erhalten sie „bis zur Ausreise, längstens jedoch für einen Zeitraum von einem Monat, einmalig innerhalb von zwei Jahren nur eingeschränkte Hilfen gewährt”. Zusätzlich wird ihnen ein Darlehen zur Finanzierung angemessener Rückreisekosten gewährt (§ 23 Abs. 3a SGB XII).
Der Leistungsumfang der Überbrückungsleistungen ist im Vergleich zur „regulären” Sozialhilfe eingeschränkt. Es werden grds. nur