Straftaten in Zusammenhang mit jugend-/kinderpornografischen Inhalten spielen in der Praxis eine große Rolle. Das zeigt die Vielzahl der vor allem auch auf der Homepage des BGH veröffentlichten Entscheidungen. An dieser Stelle soll exemplarisch auf drei Entscheidungen hingewiesen werden.
1. Beweiswürdigung bei Verurteilung wegen Verbreitung pornografischer Inhalte
In seinem Urt. v. 14.12.2023 (3 StR 183/23, StV 2024, 308) hat der BGH zu den Anforderungen an die Beweiswürdigung zur Altersbestimmung von Darstellern pornografischer Inhalte bzw. zur Abgrenzung jugendpornografischer Inhalte von kinderpornografischen Inhalten Stellung genommen. Das LG hatte den Angeklagten nur wegen Verbreitung jugendpornografischer Inhalte nach § 184c Abs. 1 Nr. 1 StGB verurteilt. Dagegen wendete sich die Staatsanwaltschaft, die in einigen der Urteilsfälle eine Verurteilung des Angeklagten (auch) wegen Verbreitung kinderpornografischer Inhalte nach § 184b StGB erstrebt hatte. Sie beanstandete die Feststellungen des LG zum Alter der in den Videos zu sehenden Mädchen. Das hatte die Strafkammer auf der Basis einer Inaugenscheinnahme der Videodateien und aufgrund eigener Sachkunde anhand einer Gesamtwürdigung der in den Filmen zu erkennenden körperlichen Merkmale der Darstellerinnen, ihres Verhaltens sowie der sichtbaren äußeren Umstände der Aufnahmen festgestellt. Das Rechtsmittel hatte Erfolg. Der BGH (a.a.O.) beanstandet die Beweiswürdigung des LG, aufgrund derer es zu der Feststellung gelangt ist, dass die Darstellerinnen in den Videos zum maßgeblichen Zeitpunkt der Herstellung der Aufnahmen nicht ausschließbar mindestens 14 Jahre, aber sicher nicht älter als 18 Jahre alt waren, als unzulänglich, weil sie eine beachtliche Lücke aufweise. Generell gelte zur Altersbestimmung von Darstellern pornografischer Inhalte bzw. zur Abgrenzung jugendpornografischer Inhalte von kinderpornografischen Inhalten Folgendes:
Sei das kindliche Alter der in einem Video oder auf einem Bild erkennbaren Person – etwa aufgrund ihrer Identifizierung – bekannt, komme es für die rechtliche Einordnung eines Inhalts als kinderpornografisch allein auf das tatsächliche Alter an. Mithin sei immer § 184b StGB einschlägig, wenn die bei einem realen Geschehen gezeigte Person tatsächlich ein Kind ist, auch wenn sie älter aussehen sollte (vgl. BGH, Urt. v. 27.6.2001 – 1 StR 66/01, BGHSt 47, 55, 61; Schönke/Schröder/Eisele, StGB, 30. Aufl. 2019, § 184b Rn 18; Matt/Renzikowski/Eschelbach, StGB, 2. Aufl. 2020, § 184b Rn 9; Fischer, StGB, 70. Aufl. 2024, § 184b Rn 12; MüKoStGB/Hörnle, 4. Aufl. 2021, § 184b Rn 12; LK/Nestler, StGB, 13. Aufl. 2023, § 184b Rn 8; BeckOK-StGB/Ziegler, 59. Ed., § 184b Rn 8).
In Fällen nicht identifizierter abgebildeter Personen bedürfe es einer Altersbestimmung oder zumindest Alterseingrenzung aufgrund einer Gesamtwürdigung aller sich aus dem Inhalt selbst und dessen Bezeichnung ergebender Umstände, namentlich der körperlichen Entwicklung, des Aussehens, der Gestik und Mimik, der Stimme, der Äußerungen und des Verhaltens des Abgebildeten, aber auch weiterer Faktoren wie der Räumlichkeit, in der die Aufnahme gefertigt wurde, Bekleidungsstücke (etwa Kinderbekleidung), sichtbarer weiterer Gegenstände (etwa Kinderspielzeug) sowie textlicher oder sprachlicher Altersangaben in dem Inhalt oder dessen Bezeichnung (Dateiname). Dabei sei zwar primär das auf diese Weise beweiswürdigend festgestellte oder zumindest eingegrenzte Alter der Person maßgeblich. Es genüge aber für eine Einordnung eines Inhalts als kinder- bzw. jugendpornografisch, wenn ein objektiver, gewissenhaft urteilender Betrachter aufgrund einer Gesamtwürdigung des Inhalts und dessen Bezeichnung den Eindruck erlangt, dass die gezeigte Person ein Kind oder Jugendlicher ist. Dann sei das tatsächliche Alter irrelevant („Scheinkinder” oder „Scheinjugendliche”) bzw. ohne Bedeutung, ob sich dieses feststellen lässt oder nicht (vgl. BGH, a.a.O.; Schönke/Schröder/Eisele, a.a.O., § 184b Rn 18, § 184c Rn 9 f.; Matt/Renzikowski/Eschelbach, a.a.O., § 184b Rn 10 ff., § 184c Rn 11 f.; Fischer, a.a.O., § 184b Rn 13; s. auch BVerfG, Beschl. v. 6.12.2008 – 2 BvR 2369/08 u.a., MMR 2009, 178).
Altersangaben zu nicht identifizierten abgebildeten Personen in den betreffenden Aufnahmen oder in Dateinamen, die eine Volljährigkeit oder zumindest Jugendlichkeit des Darstellers behaupten, stünden der gesamtwürdigenden Annahme einer jüngeren Altersstufe nicht entgegen, denn ansonsten hätte es der Hersteller oder Verbreiter des Inhalts in der Hand, durch einfache unwahre Behauptungen eine Anwendbarkeit der §§ 184b, 184c StGB zu verhindern (vgl. BGH, a.a.O.). Demgegenüber könne Angaben in einer Videoaufnahme oder einer Dateibezeichnung, die ein kindliches oder jugendliches Alter des Abgebildeten behaupten, im Rahmen der gebotenen Gesamtwürdigung Indizwert dahin zukommen, dass es sich bei der betreffenden Person tatsächlich um ein Kind oder einen Jugendlichen handele. Auch könne eine solche Angabe in der Gesamtschau mit dem Aufnahmeinhalt geeignet sein, einem objektiven, gewissenhaft urteilenden Betr...