Tathandlung (unrichtige Angaben gegenüber der [Finanz-]Behörde) und Taterfolg (Verkürzung von Steuern/Vorteilserlangung) i.S.d. § 370 Abs. 1, Abs. 4 AO müssen kausal verknüpft sein. § 370 AO ist Erfolgsdelikt. Maßstab ist die Bedingungstheorie ("conditio sine qua non"-Formel). Für die Steuerhinterziehung durch Unterlassen (§ 370 Abs. 1 Nr. 2, Nr. 3 AO) bedeutet Kausalität, dass die unterbliebene Handlung dann für den Erfolg ursächlich ist, wenn sie nicht hinzugedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (FG Düsseldorf, Urt. v. 24.5.1989 – 4 K 397/83 AO, EFG 1989, 491). Unter dem Gesichtspunkt der überholenden Kausalität besteht kein Kausalzusammenhang zwischen unzutreffender Erklärung (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO) und unzutreffender Steuerfestsetzung (§ 370 Abs. 4 S. 1 Hs. 1 AO), wenn die Erklärung gar nicht Anknüpfungspunkt der unzutreffenden Steuerfestsetzung wurde (vgl. FG Bremen, Urt. v. 12.12.1989 – II 65/86 K, EFG 1990, 211). So z.B., wenn der Steuerpflichtige fristgemäß eine unzutreffende Steuererklärungen abgibt, diese aber im Finanzamt "untergeht" und der Veranlagungsbeamte die Steuer entsprechend der Vorjahreswerte im Schätzungsweg (§ 162 Abs. 1, Abs. 2 AO) unzutreffend festsetzt. Gibt der Steuerpflichtige allerdings keine Steuererklärung ab und wird er auf der Grundlage der Vorjahreswerte unzutreffend geschätzt, wirkt die ursprünglich gesetzte Bedingung (= pflichtwidriges Unterlassen i.S.d. § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO) demgegenüber fort.
Problematisch ist auch der Fall der Kenntnis beim Finanzbeamten. In dieser Fallkonstellation erkennt der zuständige Finanzbeamte die Unrichtigkeit der erklärten Angaben (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO), setzt die Steuer aber – warum auch immer – trotzdem erklärungsgemäß und damit falsch fest. Nach Urteil des BGH v. 14.12.2010 ist trotz des Dazwischentretens des Finanzbeamten von einer fortwirkenden Kausalität auszugehen (vgl. BGH, Beschl. v. 14.12.2010 – 1 StR 275/10, PStR 2011, 58; vgl. dazu Ransiek wistra 2011, 189). Auch die auf Strafzumessungsebene entstehende Folgefrage, ob dadurch, dass die Finanzbehörde dem Täter den Erfolg leicht gemacht hat, eine Strafmilderung anzunehmen ist, beantwortet der BGH im genannten Urteil restriktiv (vgl. auch BGH, Urt. v. 27.1.2015 – 1 StR 142/14, NStZ 2015, 466).
Ein Irrtum des Finanzbeamten als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal beinhaltet § 370 AO ebenfalls nicht. Zur Begründung wird im Wesentlichen auf das Regelbeispiel des § 370 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 AO (Strafschärfung bei mitwirkendem – also keinem Irrtum unterliegenden – Amtsträger) verwiesen (vgl. BGH, Beschl. v. 8.7.2009 – 1 StR 214/09, wistra 2009, 398) bzw. darauf, dass die kausale Verknüpfung zwischen Tathandlung und Taterfolg keine gelungene Täuschung mit Irrtumserregung beim entscheidungsbefugten Finanzbeamten voraussetzt (vgl. BFH, Urt. v. 25.10.2005 – VII R 10/04, BFHE 2011, 19). Im Fall des Unterlassens gem. § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO setzt die Steuerhinterziehung voraus, dass der Täter eine bei der Finanzbehörde bestehende Unkenntnis nicht beseitigt hat.