Die nach §§ 279 Abs. 3, 285 Abs. 1 ZPO notwendige Schlussverhandlung mit Erörterung des Beweisergebnisses stellt eine wesentliche Förmlichkeit dar. Ist sie protokolliert, hat sie aber nicht stattgefunden, ist das Protokoll zu berichtigen. Ebenso ist das Protokoll zu berichtigen, wenn diese Schlussverhandlung stattgefunden hat, aber dennoch nicht protokolliert worden ist: "Nach §§ 285 Abs. 1, 279 Abs. 3 ZPO ist über das Ergebnis der Beweisaufnahme zu verhandeln und der Sach- und Streitstand erneut mit den Parteien zu erörtern. Findet sich im Protokoll kein Hinweis darauf, dass die Parteien zum Beweisergebnis verhandelt haben, steht infolge der Beweiskraft gem. §§ 165, 160 Abs. 2 ZPO ein Verstoß gegen die §§ 285 Abs. 1, 279 Abs. 3 ZPO und mithin ein Verfahrensfehler fest, der in der Regel das Recht der Parteien auf rechtliches Gehör verletzt" (st. Rspr. vgl. z.B. BGH, Beschl. v. 23.5.2012 â^’ IV ZR 224/10, NJW 2012, 2354 m.w.N.).
Hinweis:
Es stellt eine unzulässige Überraschungsentscheidung dar, wenn das Gericht, obwohl die Beweisaufnahme die Behauptungen des Beweisführers nach Auffassung des Gerichts voll bestätigt hat, weitere Beweisantritte durch ihn für erforderlich hält, hierauf aber keinen Hinweis gibt (vgl. BGH, Urt. v. 13.6.1989 – VI ZR 216/88, NJW 1989, 2756 f.).
Was §§ 285 Abs. 1, 279 Abs. 3 ZPO genau für die Tiefe und den Inhalt der Erörterung bedeutet, ist im Einzelnen ungeklärt. Nach einer Ansicht soll das Gericht grundsätzlich nicht verpflichtet sein, im Anschluss an die Beweisaufnahme seine vorläufige Beweiswürdigung mitzuteilen, um den Parteien damit Gelegenheit zu geben, weitere Beweismittel anzubieten (vgl. BGH, Urt. v. 15.4.2016 – V ZR 42/15, MDR 2016, 1110). In diesem Zusammenhang drückt der Satz eine Selbstverständlichkeit aus, denn die Erörterungspflicht ist keinesfalls mit der Möglichkeit der Eröffnung neuer Beweise gleichzusetzen, denn die Erörterungspflicht umfasst zwar das Recht, zu dem Ergebnis der Beweisaufnahme neue Beweisanträge zu stellen (vgl. BGH, Beschl. v. 25.1.2012 – IV ZR 230/11), aber nur im Rahmen der §§ 296, 296a, 283 ZPO (so mit Recht Greger MDR 2016, 1057, 1059, 1060). Diese Entscheidung darf daher nicht dergestalt missverstanden werden, dass eine Erörterung über das Beweisergebnis grundsätzlich nicht erforderlich ist. Da das Ergebnis einer Beweisaufnahme einerseits kaum jemals mit absoluter Sicherheit vorherzusehen ist, andererseits aber Art. 103 Abs. 1 GG das grundrechtsgleiche Recht gewährt, sich vor Erlass der Entscheidung zu den tatsächlichen Grundlagen äußern zu können und diese ohne Erörterung der für das Gericht wesentlichen Umstände im Dunkeln bleiben können, bedeutet das zwar nicht, dass das Gericht generell offenlegt, aufgrund welcher tatsächlichen und rechtlichen Grundlage es entscheiden wird. Bei Zweifeln an einer Aussage oder Aussagekraft eines Gutachtens oder bei widersprechenden Zeugenaussagen oder Gutachten oder interpretierbaren Eindrücken eines Augenscheins, muss das Gericht i.d.R. ("soweit bereits möglich") die Kriterien benennen, von denen es sich leiten lassen wird, um den Parteien eine Möglichkeit einzuräumen, auf eine solch vorläufige Einschätzung korrigierend oder bestätigend einzuwirken (vgl. Greger MDR 2016, 1057, 1060).
Bei komplexen Beweissituationen (z.B. gutachterliche Erklärungen im Termin in Arzthaftungssachen) muss der Partei u.U. sogar Gelegenheit gegeben werden, sich nach Vorliegen des Protokolls noch sachverständig beraten zu lassen (dann aber nicht, wenn die Ausführungen gegenüber dem schriftlichen Gutachten keine wesentlich neuen Beurteilungen enthalten), so dass diese Grundsätze einerseits auf andere Fälle schwer nachvollziehbarer Bewertungen ebenso angewendet werden müssen und ein ausführlicher Diskurs über die noch in Entwicklung befindliche Beweiswürdigung besonders wichtig ist (vgl. Greger MDR 2016, 1057, 1060). Einen generellen Anspruch auf eine schriftliche Beweiswürdigung durch die Partei gibt es aber nicht (vgl. BGH, Urt. v. 24.10.1990 – XII ZR 101/89, NJW 1991, 1547 f.).
Um die Kausalität des Verfahrensfehlers darzulegen, muss mitgeteilt werden, wie die Parteien auf die Nichterörterung reagiert hätten (z.B. weiterer Beweisantrag oder Aufdeckung eines Missverständnisses – vgl. Greger NJW 2003, 3049 f.).
Ein Beruhen der Entscheidung auf diesem Fehler wird sich dann i.d.R. nicht ausschließen lassen, denn dafür genügt die Möglichkeit, dass eine Stellungnahme zum Beweisergebnis zu einer der Partei günstigeren Entscheidung hätte führen können (vgl. BVerfG, Beschl. v. 29.12.1993 – 2 BvR 65/93, NJW 1994, 1210, 1212; BGH, Beschl. v. 23.5.2012 â^’ IV ZR 224/10, NJW 2012, 2354 f. m.w.N.). Das Beruhen kann aber verneint werden, wenn sich die unterlassenen Ausführungen auf eine Wiederholung schriftsätzlich zuvor schon geltend gemachter Einwendungen beschränkt (vgl. BGH, Urt. v. 5.11.2013 – VI ZR 527/12, NJW 2014, 688). Erforderlich sind also neue Gesichtspunkte, die zu einem anderen Verständnis oder einer anderen Bewertung hätten führen kö...