Die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) hat sich für die Abschaffung der Zulassungsberufung im Verwaltungsprozess ausgesprochen. Diese habe dazu geführt, dass der ganz überwiegende Anteil erstinstanzlicher Entscheidungen nicht mehr auf ihre materielle Richtigkeit hin überprüft werde. In einer aktuellen Stellungnahme, die auf die Diskussion über den Reformbedarf im Verwaltungsprozessrecht auf der Herbst-Justizministerkonferenz (s. dazu oben S. 1202) abzielte, hat die BRAK einige zentrale Diskussionspunkte aus Sicht der Rechtsanwaltschaft verdeutlicht. Dazu zählen insbesondere die angedachten Änderungen im Rechtsmittelrecht.
Zur Zulassungsberufung führt die BRAK-Stellungnahme aus, dass sich der seinerzeit erhoffte Entlastungs- und Beschleunigungseffekt nicht in dem erhofften Maße eingestellt habe. Darüber hinaus fehle es an Leitentscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts, die zur Einheitlichkeit der Rechtsprechung erforderlich seien und so Rechtssicherheit schafften. Aus der Erfahrung der Anwaltschaft führten entsprechende Leitentscheidungen nicht nur zu kürzeren Verfahrensdauern bei den Instanzgerichten. Vielmehr würden dadurch bereits Verwaltungsverfahren beschleunigt und gerichtliche Auseinandersetzungen vermieden. Dies könne entscheidend zur Entlastung der Verwaltungsgerichtsbarkeit beitragen.
Auch hält die BRAK eine Modifikation des bisherigen Berufungszulassungsrechts durch Erleichterungen der Darlegungspflichten oder die Einführung einer Beschwerde gegen Nichtzulassungsbeschlüsse für nicht zielführend. Die Darlegungspflichten stellten zwar eine Schwierigkeit bei der Berufungszulassung dar. Die nur noch seltene Überprüfung der Sachentscheidung liege aber nicht in erster Linie an formalen Hürden, sondern daran, dass im Zulassungsverfahren die Überprüfung systemimmanent die Ausnahme und nicht die Regel darstelle. Auch mit einer Beschwerde werde nur die Möglichkeit einer Überprüfung in der zweiten Instanz und damit einer individuell richtigen Entscheidung erhöht. Das Regel-Ausnahme-Verhältnis werde nicht umgekehrt. Gleichzeitig würde ein zusätzlicher und erneut mit formalen Anforderungen ausgestalteter Verfahrensschritt eingeführt; dies entspreche nicht der Forderung nach Verfahrensvereinfachung und -beschleunigung.
Hingegen spricht sich die BRAK u.a. für eine behutsame Erweiterung der Revisionsgründe aus. So solle im Interesse der Stärkung höchstrichterlicher Leitentscheidungen die Revision auch zugelassen werden können, wenn die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordere. Auch die Sprungrevision könne dahingehend erleichtert werden, dass auf das Zustimmungserfordernis des in erster Instanz obsiegenden Beteiligten verzichtet werde.
[Quelle: BRAK]