Etwas komplizierter wird es, wenn der Mandant sich an der Kostenausgleichung beteiligt. In diesem Fall ist das Quotenvorrecht über Bereicherungsrecht zu lösen.
Beispiel 4:
Wie Beispiel 3; jedoch meldet der Kläger seine Kosten gem. § 106 Abs. 1 S. 2 ZPO zur Ausgleichung an.
Es ergibt sich jetzt folgende Kostenfestsetzung:
a) Kosten Kläger |
1. |
Anwaltskosten |
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2.315,69 EUR |
2. |
vorgelegte Gerichtskosten |
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1.035,00 EUR |
3. |
Parteikosten |
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57,10 EUR |
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3.407,79 EUR |
b) Kosten des Beklagten |
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG |
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964,60 EUR |
2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV RVG |
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890,40 EUR |
3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
1.875,00 EUR |
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4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG |
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356,25 EUR |
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Gesamt |
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2.231,25 EUR |
c) |
Zwischensumme |
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5.639,04 EUR |
d) |
hiervon 70 % |
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3.947,33 EUR |
e) |
abzgl. eigener Kosten Mandant |
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- 3.407,79 EUR |
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Ausgleichsanspruch Gegner |
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539,54 EUR |
Jetzt erhält also nicht der Mandant einen Kostenerstattungsanspruch, sondern der Gegner, so dass an dem letztlich festgesetzten Erstattungsanspruch ein Quotenvorrecht nicht ausgeübt werden kann.
Dabei darf jedoch nicht vernachlässigt werden, dass i.H.v. 30 % dem Mandanten ein Kostenerstattungsanspruch zustand und dieser Anspruch insoweit quotenbevorrechtigt war.
Ist die Kostenausgleichung einmal durchgeführt, dann kann das Quotenvorrecht nur noch bereicherungsrechtlich durchgesetzt werden, da der beim Mandanten verbliebene quotenbevorrechtigte Anspruch infolge der Kostenausgleichung durch Verrechnung untergegangen ist. Dadurch, dass der Mandant jedoch auch seine quotenbevorrechtigten Ansprüche in die Ausgleichung mit einbezogen hat, ist der Rechtsschutzversicherer ungerechtfertigt bereichert. Er muss jetzt nur noch von einem geringeren Kostenerstattungsanspruch des Gegners freistellen als bei getrennter Festsetzung. Er wäre nämlich zu einer höheren Kostenerstattung an den Gegner verpflichtet, wenn der Mandant seine quotenbevorrechtigten Ansprüche nicht in die Ausgleichung einbezogen hätte, sondern nur die übergangsfähigen, also nicht bevorrechtigten. Dann hätte sich folgende Berechnung des Kostenerstattungsanspruchs ergeben:
Im Falle der getrennten Kostenfestsetzung hätte der Versicherer 1.561,88 EUR an den Gegner zahlen müssen und es wäre im Gegenzug ein Kostenerstattungsanspruch i.H.v. – 680,80 EUR auf ihn übergegangen. Der Versicherer wäre also per Saldo mit 881,08 EUR belastet worden.
Aufgrund der Kostenausgleichung muss der Versicherer jetzt aber nur 539,54 EUR an den Gegner zahlen. Damit ist der Versicherer im Fall der Kostenausgleichung um 881,08 EUR – 539,54 EUR = 341,54 EUR ungerechtfertigt bereichert und muss diesen Betrag an den Mandanten auszahlen (Harbauer/Schneider, a.a.O., § 17 ARB 2010 Rn 178; K. Schneider, a.a.O., Rn 481). Anschaulich ausgedrückt hat dies das AG Bonn im dritten Leitsatz seiner Entscheidung:
AG Bonn, Urt. v. 17.11.1998 – 2 C 226/98 (BRAGOreport 2000, 31, https://www.justiz.nrw.de/nrwe/lgs/bonn/ag_bonn/j1998/2_C_226_98urteil19981117.html ):
- Das sog. Quotenvorrecht gilt auch in der Rechtsschutzversicherung.
- In Höhe des Selbstbehalts verbleiben Kostenerstattungsansprüche beim Versicherungsnehmer und gehen nicht auf den Versicherer über.
- Bringt der Versicherungsnehmer den bei ihm verbliebenen Kostenerstattungsanspruch in die Kostenausgleichung nach § 106 Abs. 1 ZPO ein und geht dieser Erstattungsanspruch infolgedessen unter, so entsteht dem Versicherungsnehmer insoweit ein Ausgleichsanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung gegen den Rechtsschutzversicherer.