a) Allgemeines
Die außerordentliche fristlose Kündigung ist in § 543 BGB geregelt. Für die Wohnraummiete ist zusätzlich § 569 BGB zu beachten. Diesen Kündigungsgründen liegt i.d.R. eine Leistungsstörung zugrunde, die eine der beiden Mietvertragsparteien zu vertreten hat und die zu einer Unzumutbarkeit hinsichtlich der Fortsetzung des Mietverhältnisses führt.
Die Kündigung aus wichtigem Grund für die Wohnraummiete ist in drei Vorschriften geregelt:
- § 314 BGB: Kündigung aus wichtigem Grund für alle Dauerschuldverhältnisse,
- § 543 BGB: Kündigung aus wichtigem Grund für alle Mietverhältnisse,
- § 569 BGB: Ergänzungsvorschrift zu § 543 BGB nur für die Wohnraummiete.
Gemäß § 569 Abs. 5 BGB ist bei einem Wohnraummietvertrag eine Vereinbarung, nach der der Vermieter berechtigt sein soll, aus anderen als den im Gesetz zugelassenen Gründen außerordentlich fristlos zu kündigen, unwirksam. Deshalb ist zumindest in der Wohnraummiete jede vertragliche Erweiterung des Kündigungsrechts des Vermieters ausgeschlossen. Das ist z.B. der Fall, wenn die Parteien nach einer erfolgreichen Räumungsklage wegen Zahlungsverzugs ein neues Mietverhältnis mit der Bestimmung vereinbaren, dass bei erneutem Zahlungsverzug die Schonfristregelung nicht noch einmal gelten soll (AG Hamburg-Barmbek WuM 2008, 113). Die Parteien können aber die Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung präzisieren und auch enger fassen.
Die Bedeutung des § 314 BGB für die Wohnraummiete ist gering. § 543 BGB ist sowohl mit seinem Abs. 1 als auch mit Abs. 2 lex specialis zu § 314 BGB. Dies hat Bedeutung v.a. für die Abwägungskriterien, die in § 543 Abs. 1 BGB in der Wohnraummiete anders gewichtet sind als in der für alle Dauerschuldverhältnisse geltenden Regelung in § 314 BGB (dazu unten d). Auch die Frist zur Ausübung des Kündigungsrechts in § 314 Abs. 3 BGB findet zumindest in der Wohnraummiete bei der Kündigung gem. § 543 BGB keine Anwendung (BGH NZM 2016, 791 = NJW 2016, 3720).
Von besonderer Bedeutung ist das Verhältnis von § 543 Abs. 1 und § 543 Abs. 2 BGB zueinander. Während Abs. 1 die allgemeine Kündigungsmöglichkeit aus wichtigem Grund enthält, sind in Abs. 2 i.V.m. § 569 BGB spezielle Kündigungsgründe ausdrücklich benannt. Es stellt sich deshalb die Frage, ob die Regelung in Abs. 1 einen generellen Auffangtatbestand darstellt oder einen eng auszulegenden Ausnahmetatbestand. Bedeutung hat dies für die Frage, ob ein Rückgriff auf Abs. 1 zulässig ist, wenn die Voraussetzungen eines ausdrücklich benannten Kündigungsrechts in Abs. 2 nicht vorliegen (dazu Kraemer NZM 2001, 553). Hier gilt folgende Wechselwirkung: Liegen die Voraussetzungen eines ausdrücklich benannten Kündigungsgrundes des Abs. 2 oder des § 569 Abs. 1 oder Abs. 2 vor, dann müssen die Voraussetzungen des § 543 Abs. 1 BGB nicht noch zusätzlich geprüft werden. Es hat insb. keine Interessenabwägung stattzufinden (BGH NZM 2009, 431 = NJW 2009, 2297). Eine Ausnahme gilt für die Kündigung gem. § 569 Abs. 2 BGB, wo dies ausdrücklich vorgesehen ist. Ist Gegenstand einer Kündigung ein Sachverhalt, der in § 543 Abs. 2 und § 569 Abs. 1 und Abs. 2 BGB geregelt ist, so ist ein Rückgriff auf § 543 Abs. 1 BGB dann nicht möglich, wenn der benannte Kündigungsgrund wegen Fehlens eines Tatbestandsmerkmals nicht erfüllt ist. Die benannten Kündigungsgründe haben insofern eine Sperrwirkung.
Handelt es sich um einen Lebenssachverhalt, der in § 543 Abs. 2 oder § 569 Abs. 1, 2 oder 2a BGB nicht geregelt ist, dann ist § 543 Abs. 1 BGB als Auffangtatbestand zu prüfen. Dem Kündigungsgrund muss ein ähnliches Gewicht zukommen, wie einem der benannten Kündigungsgründe.
b) Kündigung wegen Zahlungsverzugs (§ 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB)
Die Kündigung wegen Zahlungsverzugs ist in der Praxis der häufigste Kündigungsgrund. Dies liegt zum einen an der teilweise schlechten Zahlungsfähigkeit der Mieter und der zunehmenden Verschuldung privater Haushalte und zum anderen an den Voraussetzungen der Norm, deren Vorliegen ohne große Bewertungen und Auslegungen leicht und einfach festgestellt werden kann.
aa) Verschiedene Kündigungsgründe
Nach § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB hat der Vermieter die Möglichkeit, ein Mietverhältnis fristlos zu kündigen, wenn der Mieter sich in Zahlungsverzug befindet. § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB schützt auf der anderen Seite aber auch den Mieter davor, schon bei geringfügigen oder nur vorübergehenden Mietrückständen seine Wohnung zu verlieren. Geprüft werden müssen immer drei Parameter:
- die Höhe des Rückstands,
- die Fälligkeitstermine, zu denen der Rückstand entstanden ist und
- die sog. Kündigungsrelevanz.
Das Gesetz erlaubt dann bei drei verschiedenen Kombinationen dieser Parameter eine fristlose außerordentliche Kündigung:
- Verzug mit der gesamten Miete für zwei aufeinander folgende Zahlungstermine (§ 543 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a 1. Alt. BGB),
- Verzug mit einem nicht unerheblichen Teil der Miete für zwei aufeinander folgende Zahlungstermine (§ 543 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a 2. Alt. BGB) sowie
- Verzug mit einer Miete i.H.v. mindestens zwei Monatsmieten (§ 543 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. b BGB).
Für die Wohnraummiete enthält § 569 Abs. 3 Nr. 1 BGB hinsichtlich der...