Die über längere Zeit unpünktliche Zahlung der Miete rechtfertigt nach Abmahnung u.U. eine fristlose Kündigung gem. § 543 BGB (BGH NZM 2006, 338; NJW 2011, 2201 = NZM 2011, 579; NJW 2011, 2570 = NZM 2011, 625; NZM 2012, 22; WuM 1970, 77; NJW-RR 1988, 77). Dabei spielt es keine Rolle, ob sich die Zahlungsunpünktlichkeit auf die Grundmiete, die Betriebskosten oder auf sonstige Zahlungsverpflichtungen bezieht. Diese Grundsätze gelten für alle Mietverhältnisse. Die Grundsätze über die unpünktliche Mietzahlung sind nicht anzuwenden, wenn der Mieter pünktlich, aber stets unvollständig zahlt. Bei ständiger unvollständiger Zahlung kann der Vermieter erst kündigen, wenn ein Rückstand i.S.d. § 543 Abs. 2 Nr. 3 erreicht ist (AG Mitte/LG Berlin GE 2015, 386). Zwischen der Abmahnung und der Kündigungserklärung muss eine längere Frist als 14 Tage liegen (LG Berlin WuM 2016, 490; AG Neuss NJW-RR 1990, 1486), damit der Mieter überhaupt die Chance hat, sein Zahlungsverhalten umzustellen. Es genügt dann aber eine einzige weitere unpünktliche Zahlung nach Abmahnung (BGH NZM 2006, 338 = NJW 2006, 1585; LG Berlin ZMR 2006, 864). Erforderlich ist allerdings die nachhaltige unpünktliche Mietzahlung. Einmalige oder nur sehr kurzfristige (mehr als eine Woche: LG München WuM 1991, 346) Überschreitungen der Zahlungstermine reichen nicht aus. Darüber hinaus müssen bei der Interessenabwägung weitere Umstände gegen die Zumutbarkeit der Vertragsfortsetzung sprechen, also z.B. Gründe dafür, warum der Vermieter auf den pünktlichen Zahlungseingang angewiesen ist. Eine Behörde, die i.R.d. Daseinsvorsorge staatliche Transferleistungen erbringt, wird nicht als Erfüllungsgehilfe des Mieters tätig, wenn sie für ihn die Miete an den Vermieter zahlt (BGH NJW 2016, 2805 = NZM 2016, 635). Ein wichtiger Grund für die fristlose Kündigung i.S.d. § 543 Abs. 1 S. 2 BGB kann auch – unabhängig von einem etwaigen Verschulden des Mieters – allein in der objektiven Pflichtverletzung unpünktlicher Mietzahlungen und den für den Vermieter daraus folgenden negativen Auswirkungen liegen, wenn die Gesamtabwägung ergibt, dass eine Fortsetzung des Mietverhältnisses für den Vermieter unzumutbar ist. Bei dieser Abwägung kann von Bedeutung sein, ob zahlreiche Verspätungen aufgetreten sind, diese jeweils einen erheblichen Zeitraum und erhebliche Beträge betreffen oder der Vermieter in besonderem Maße auf den pünktlichen Erhalt der Miete angewiesen ist, beispielsweise weil er daraus seinen Lebensunterhalt bestreitet oder hiermit Kredite bedienen muss. Zudem kann es eine Rolle spielen, ob das Mietverhältnis abgesehen von den unpünktlichen Zahlungen bisher störungsfrei verlaufen ist oder kurze Zeit vorher bereits eine berechtigte fristlose Kündigung ausgesprochen worden ist, die erst durch eine Zahlung innerhalb der Schonfrist während des Räumungsprozesses unwirksam geworden ist (BGH NJW 2016, 2805 = NZM 2016, 635).
Der BGH hat zu folgenden Fallkonstellationen wie folgt entschieden:
Anzahl der unpünktlichen Zahlungen nach Abmahnung |
Verspätung in Tagen |
Kündigung möglich |
Entscheidung |
Bemerkung |
1 |
15 |
ja |
BGH NZM 2006, 338 = NJW 2006 1585 |
Auch das Verhalten des Mieters vor Abmahnung darf berücksichtigt werden. |
1 |
6 |
nein |
BGH NJW 2011, 2201 = NZM 2011, 579 |
Die Miete wurde vor der Abmahnung ca. 25 Jahre jeweils erst Mitte des Monats gezahlt. |
1 |
Ca. 9 |
ja |
BGH NJW 2011, 2570 = NZM 2011, 625 |
Bereits zweite Abmahnung; auch nach erster Abmahnung bereits zweimal unpünktlich gezahlt. |
1 |
6 |
ja |
BGH WuM 2011, 674 |
Vor der Abmahnung 11-mal unpünktlich. In der Zeit zwei bestrittene Abmahnungen. |
Praxishinweise:
Eine der häufigsten Einwendungen des Mieters ist in diesen Fällen immer die Behauptung, der Vermieter sei mit der Zahlung Mitte des Monats einverstanden gewesen. In der bloßen Duldung ist noch keine Abänderung der im schriftlichen Vertrag vereinbarten oder sich aus dem Gesetz ergebenden Fälligkeit zu sehen. Nach Ansicht des BGH (NJW 2011, 2201 = NZM 2011, 579) besteht für den Mieter im Allgemeinen kein Anlass, aus dem Ausbleiben einer alsbaldigen Reaktion des Vermieters auf eine Vertragsverletzung den Schluss zu ziehen, dass der Vermieter den Vertragsverstoß als Bagatelle ansieht oder daraus auch bei weiterer Fortsetzung des vertragswidrigen Verhaltens keine Konsequenzen herleiten wird. Etwas anderes kann aber bei jahrzehntelanger widerspruchsloser Hinnahme der Pflichtverletzung gelten. In diesem Fall hat der Vermieter gegenüber dem Mieter zumindest den erst mit der Abmahnung wieder beseitigten Anschein gesetzt, dass er den wiederkehrenden Vertragsverletzungen kein erhebliches Gewicht beimisst und er keine wesentliche Beeinträchtigung seiner Interessen sieht. Dies sind Umstände, die bei der umfassenden Abwägung der Interessen der Mietvertragsparteien zu berücksichtigen sind.
In der Abmahnung sollte die fristlose Kündigung angedroht werden (sog. qualifizierte Abmahnung). Eine einfache Abmahnung wird nicht von allen Gerichten als ausreichend angesehen.