Mit Urt. v. 21.1.2021 (8 AZR 488/19, NZA 2021, 1011 ff.) hat das BAG erstmalig zum Entgelttransparenzgesetz entschieden. Es lag folgender Sachverhalt vor:
Die Klägerin ist bei der beklagten Arbeitgeberin als Abteilungsleiterin beschäftigt. Sie erhielt im August 2018 von der Beklagten eine Auskunft nach §§ 10 ff. EntgTranspG, aus der u.a. das Vergleichsentgelt der bei der Beklagten beschäftigten männlichen Abteilungsleiter hervorgeht. Angegeben wurde dieses entsprechend den Vorgaben von § 11 Abs. 3 EntgTranspG als „auf Vollzeitäquivalente hochgerechneter statistischer Median” des durchschnittlichen monatlichen übertariflichen Grundentgelts sowie der übertariflichen Zulage (Median-Entgelte). Das Vergleichsentgelt liegt sowohl beim Grundentgelt als auch bei der Zulage über dem Entgelt der Klägerin.
Die Klägerin begehrt von der Beklagten im Revisionsverfahren die Zahlung der Differenz zwischen dem ihr gezahlten Grundentgelt sowie der ihr gezahlten Zulage und der ihr mitgeteilten höheren Median-Entgelte für die Monate August 2018 bis Januar 2019.
Die Revision der Klägerin gegen das die Klage abweisende Urteil des LAG hatte i.S.d. Aufhebung und Zurückverweisung Erfolg. Klagt eine Frau auf gleiches Entgelt für gleiche oder gleichwertige Arbeit (Art. 157 AEUV, § 3 Abs. 1, § 7 EntgTranspG), begründet der Umstand, dass ihr Entgelt geringer ist als das vom Arbeitgeber nach §§ 10 ff. EntgTranspG mitgeteilte Vergleichsentgelt (Median-Entgelt) der männlichen Vergleichsperson, regelmäßig die – vom Arbeitgeber widerlegbare – Vermutung, dass die Benachteiligung beim Entgelt wegen des Geschlechts erfolgt ist. Aus der von der Beklagten erteilten Auskunft ergibt sich das Vergleichsentgelt der maßgeblichen männlichen Vergleichsperson. Nach den Vorgaben des EntgTranspG liegt in der Angabe des Vergleichsentgelts als Median-Entgelt durch einen Arbeitgeber zugleich die Mitteilung der maßgeblichen Vergleichsperson, weil entweder ein konkreter oder ein hypothetischer Beschäftigter des anderen Geschlechts dieses Entgelt für gleiche bzw. gleichwertige Tätigkeit erhält. Die Klägerin hat gegenüber der ihr von der Beklagten mitgeteilten männlichen Vergleichsperson eine unmittelbare Benachteiligung i.S.v. § 3 Abs. 2 S. 1 EntgTranspG erfahren, denn ihr Entgelt war geringer als das der Vergleichsperson. Entgegen der Annahme des LAG, begründet dieser Umstand zugleich die – von der Beklagten widerlegbare – Vermutung, dass die Klägerin die Entgeltbenachteiligung „wegen des Geschlechts” erfahren hat. Aufgrund der bislang vom LAG getroffenen Feststellungen konnte der Senat nicht entscheiden, ob die Beklagte, die insoweit die Darlegungs- und Beweislast trifft, diese Vermutung den Vorgaben von § 22 AGG in unionsrechtskonformer Auslegung entsprechend widerlegt hat. Zugleich ist den Parteien Gelegenheit zu weiterem Vorbringen zu geben.
Hinweise:
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Das BAG überträgt die aus dem AGG zu § 22 AGG bekannten Grundsätze auf das EntGTransPG. |
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Danach begründet allein das geringere Entgelt einer Frau im Vergleich zu dem nach §§ 10 EntGTranspG mitgeteilten Vergleichsentgelt von Männern die Vermutung der Diskriminierung. |
3. |
Die Vermutung ist widerlegbar. Dafür trägt jedoch der Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast. |
4. |
Wie ist der Vortrag einer längeren Betriebszugehörigkeit und damit der größeren Berufserfahrung als Rechtfertigung für das höhere Entgelt eines männlichen Kollegen zu bewerten? Das Gesetz stellt in Art. 57 Abs. 1 AEUV und den §§ 3 Abs. 1 und 7 Abs. 1 EntGTranspG allein auf die gleiche oder gleichwertige Arbeit ab und folgert daraus das Verbot unterschiedlicher Vergütung. Offen ist, ob darin eine Abkehr vom Grundsatz der höheren Vergütung bei höherer Berufserfahrung liegt. Der Wortlaut legt dies nahe. Allein wäre damit die tarifliche Vergütung im gesamten Bereich des öffentlichen Dienstes und aller Tarifverträge mit aufsteigenden Vergütungen nach Berufserfahrung rechtswidrig. Oder liegt dann in Folge geringerer Berufserfahrung keine gleichwertige Arbeit (mehr) vor? |