Auch bei einer neuen Partnerschaft des berechtigten Ehegatten stellt sich die Frage, ob und ggf. wie dieser Umstand unterhaltsrechtlich zu bewerten ist.
a) § 1579 Nr. 2 BGB – verfestigte neue Partnerschaft
In erster Linie wird in solchen Fällen über eine Einschränkung des Unterhaltsanspruchs durch § 1579 Nr. 2 BGB gedacht. Voraussetzung der Anwendbarkeit dieser Norm ist eine grobe Unbilligkeit der Unterhaltsverpflichtung. Der Härtegrund des § 1579 Nr. 2 BGB stellt auf rein objektive Gegebenheiten bzw. Veränderungen in den Lebensverhältnissen des bedürftigen Ehegatten ab, die eine dauerhafte Unterhaltsleistung unzumutbar erscheinen lassen, sanktioniert aber kein vorwerfbares Fehlverhalten des Unterhaltsberechtigten. Der unterhaltsberechtigte Ehegatte muss sich endgültig aus der ehelichen Solidarität herausgelöst haben, indem er eine verfestigte neue Lebensgemeinschaft eingegangen ist. Er muss auf diese Weise zu erkennen gegeben haben, dass er die eheliche Solidarität nicht mehr benötigt (BGH, FamRZ 2011, 1498, BGH, FamRZ 2011, 1855; BGH, FamRZ 2011, 791, BGH, FamRZ 2011, 873).
Dazu muss eine ausreichende Verfestigung der Partnerschaft gegeben sein. Ein räumliches Zusammenleben der Partner und ein gemeinsamer Haushalt sind dazu allerdings nicht erforderlich (BGH, NJW 2011, 2512; FamRZ 2011, 1381; BGH, FamRZ 2004, 614, 616; BGH, FamRZ 2002, 23, 25). Jedoch müssen die Anzeichen einer engen Beziehung in der Öffentlichkeit als solche erkannt werden können und das Maß einer ungebundenen Wochenend- und Freizeitbeziehung übersteigen (OLG Karlsruhe, Beschl. v. 14.11.2012 – 2 UF 78/12, FamRZ 2013, 1811). Die finanzielle Leistungsfähigkeit des neuen Partners ist nicht erforderlich (BGH, FamRZ 2011, 1855 m. Anm. Maurer; NJW 2011, 3712; BGH, FamRZ 2011, 1498).
Nach der Rechtsprechung wird für eine „Verfestigung” i.S.v. § 1579 Nr. 2 BGB im Regelfall eine Mindestdauer von zwei bis drei Jahren angenommen (BGH, FamRZ 20111, 1498; BGH, FamRZ 2004, 1326; BGH, NJW 2002, 1947; BGH, NJW 1989, 1983). Die Voraussetzungen können aber auch schon bei einem deutlich kürzeren Zeitraum in Betracht kommen, wenn besondere Umstände des Einzelfalls für eine ausreichende Verfestigung sprechen (OLG Oldenburg NJW 2012, 2450; s. Viefhues FuR 2017, 166, 167 m.w.N.). Dies ist dann der Fall, wenn aus der neuen Lebensgemeinschaft ein Kind hervorgegangen ist (BGH, NJW 2012, 2190 Rn 34; OLG Koblenz, Beschl. v. 13.4.2016 – 13 UF 16/16, FamRZ 2016, 1938) oder hinreichende Indizien für eine langfristige Planung einer gemeinsamen Zukunft bestehen, z.B. bei gemeinsamem Kauf oder Bau eines Hauses (OLG Hamburg, FamRZ 2002, 1038; OLG Köln, FamRZ 2000, 290).
Sind diese Voraussetzungen gegeben, ist Rechtsfolge nicht zwingend eine vollständige Versagung des Unterhaltsanspruchs, sondern kann auch eine Beschränkung des Unterhaltsanspruchs für die Zukunft in der Höhe (Begrenzung), in der zeitlichen Dauer der Leistung (Befristung) oder einer Kombination aus Begrenzung und Befristung in Form einer sog. Staffelregelung sein. Vorzunehmen ist eine umfassende Zumutbarkeitsabwägung unter Einbeziehung aller Gesichtspunkte (BGH, FamRZ 2011, 1498; NJW 2011, 3089).
b) Fiktive Einkünfte aufgrund geldwerter Versorgungsleistungen
Möglich ist auch, dass sich die geschiedene oder getrennt lebende Ehefrau wegen geldwerter Versorgungsleistungen gegenüber dem neuen Partner ein bestimmtes Einkommen (fiktiv) im Wege der Differenzberechnung anrechnen lassen muss (§ 850 h ZPO analog; Born NZFam 2014, 351). Dazu muss allerdings auch eine Wirtschaftsgemeinschaft und nicht lediglich eine bloße Wohngemeinschaft vorliegen. Handelt es sich um eine bloße Wohngemeinschaft, kann ein Einkommen regelmäßig nur angerechnet werden, wenn der neue Partner Mietzinsen oder Nebenkosten allein bezahlt (BGH, NJW 1995, 962, Born NZFam 2014, 351).
Übt die Unterhaltsberechtigte keine (oder nur eine sehr eingeschränkte) Berufstätigkeit aus und ist von geldwerten Versorgungsleistungen auszugehen, kann dafür regelmäßig eine gem. § 287 ZPO zu schätzende Vergütung angesetzt werden (BGH, NJW 2001, 3779). Voraussetzung einer Anrechnung von Einkünften aus Versorgung und Betreuung ist allerdings, dass der Empfänger dieser hausfraulichen Leistungen – also der neue Partner der Ehefrau – auch hinreichend leistungsfähig ist (BGH, NJW 1989, 1083; BGH, FamRZ 1985, 273; OLG Hamm, FamRZ 1997, 1080). Dazu muss dessen notwendiger Selbstbehalt gewährleistet bleiben (Born NZFam 2014, 351).
Ist die Unterhaltsberechtigte dagegen voll berufstätig neben Haushaltsführung und Partnerversorgung, ist dies als überobligatorische Tätigkeit einzustufen, sodass regelmäßig nur ein teilweiser Ansatz erfolgen kann. Ein Vergütungsanspruch entfällt nur dann, wenn die Bedürftige voll arbeitet und sich mit dem neuen Partner die Hausarbeit teilt (BGH, FamRZ 2005, 567). Die genaue Höhe richtet sich nach dem Umfang der Haushaltsführung. Es ist kein Erwerbstätigenbonus abzuziehen (BGH, NJW 2001, 3779; OLG Hamm, NJW-RR 2006, 1514). Leben die Partner nicht einmal zusammen, dürfte die Anrechnung fiktiver Einkünfte aufgrund geldwerter Versorgungsleistungen kaum in Betracht kommen...