Sozialversicherung von GmbH-Geschäftsführern
Der sozialversicherungsrechtliche Status von GmbH-Geschäftsführern ist im Rechtsalltag gleichsam ein Dauerthema (s. bereits zu den wesentlichen Abgrenzungen der Rechtsprechung die Verfasser, ZAP F. 17 R, 1051 f.).
Grundsätzlich ist ein Minderheitsgeschäftsführer – der am Kapital der GmbH mit weniger als 50 % beteiligt ist – abhängig beschäftigt. Das BSG hat durch Urt. v. 1.2.2022 – B 12 KR 37/19 R (m. Anm. Schafhausen, FD-SozVR 2022, 450268) entschieden, unter welchen Umständen dies ausnahmsweise rechtlich abweichend zu beurteilen ist, das Vorliegen einer solchen Ausnahme aber im konkreten Fall verneint.
Der dortige Kläger war mit einem Anteil von 49 % am Stammkapital der GmbH beteiligt und deren einziger Geschäftsführer. Beschlüsse in der Gesellschafterversammlung wurden mit einfacher Mehrheit gefasst, auch für die notwendige Zustimmung zu Handlungen in der Geschäftsführung, die über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb hinausgehen. Für bestimmte aufgelistete Angelegenheiten bedurfte es einer Mehrheit von 75 % der abgegebenen Stimmen, wozu u.a. die Änderung des Geschäftsführervertrags gehörte. Der Geschäftsführer-Dienstvertrag sah vor, dass der Kläger den durch Beschlüsse der Gesellschafter erteilten Weisungen Folge zu leisten hatte. Keinem Weisungsrecht unterlag er jedoch hinsichtlich Zeit, Ort und Ausführung seiner Tätigkeit.
Auf Antrag des Klägers auf Feststellung des Erwerbsstatus nach § 7a SGB IV (neu geregelt seit dem 1.4.2022, s. unten Hinweis 2) stellte die beklagte DRV die Versicherungspflicht des Klägers fest. Widerspruch und Klage hiergegen blieben erfolglos. Das BSG führt aus, ein Minderheitsgeschäftsführer sei ausnahmsweise nur dann als Selbstständiger anzusehen, wenn ihm nach dem Gesellschaftsvertrag eine umfassende („echte” oder „qualifizierte”), die gesamte Unternehmenstätigkeit erfassende Sperrminorität eingeräumt ist. Nicht ausreichend ist, wenn eine solche nur für bestimmte, im Einzelnen im Gesellschaftsvertrag aufgelistete Angelegenheiten besteht. Wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer nicht in der Lage ist, seinen maßgeblichen Einfluss auf alle Gesellschafterbeschlüsse auszuüben und dadurch die Ausrichtung der Geschäftstätigkeit des Unternehmens umfassend mitbestimmen kann, ist er nicht im „eigenen” Unternehmen tätig, sondern in weisungsgebundener, funktionsgerecht dienender Weise in die GmbH als seine Arbeitgeberin eingegliedert, ist also Beschäftigter gem. § 7 Abs. 1 SGB IV.
Zwar ist dem Kläger für die Dauer seiner Beteiligung das Sonderrecht auf Geschäftsführung eingeräumt worden, dessen Entzug einer Änderung des Geschäftsführervertrages mit der dafür vorgesehenen Dreiviertelmehrheit und damit der Zustimmung des Klägers bedarf. Allein diese aus dem Sonderrecht resultierende Vorzugstellung gewährt ihm jedoch noch keine ausreichende Sperrminorität, da die Möglichkeit, die eigene jederzeitige Abberufung zu verhindern, i.d.R. eine notwendige, jedoch keine hinreichende Voraussetzung für das Vorliegen einer beachtlichen Sperrminorität ist (s. bereits BSG, Urt. v. 29.6.2016 – B 12 R 5/14 R, juris Rn 39).
Der Vortrag des Klägers, er könne wegen fehlender Sanktionsmöglichkeiten ihm nicht genehme Beschlüsse der Gesellschafterversammlung schlicht ignorieren und sei damit unabhängig von dessen Willen, ist ebenfalls nicht geeignet, eine ausreichende Rechtsmacht nach sozialversicherungsrechtlichen Maßstäben zu begründen. Dem Grundsatz der Klarheit und Vorhersehbarkeit beitragsrechtlicher Tatbestände ist nicht genügt (s. Rn 21 m.w.N.). Die Möglichkeit zu weisungswidrigen Verhalten begründet, so das BSG, schon deshalb keine nachhaltige und vorhersehbare Rechtsposition, weil dem jedenfalls die Kündigungsmöglichkeit aus wichtigem Grund entgegensteht. Hierbei ist zu bedenken, dass im Falle einer Abberufung des Geschäftsführers aus wichtigem Grund im Fall einer groben Pflichtverletzung – wie bei vorsätzlicher Missachtung von Gesellschafterbeschlüssen – der Geschäftsführer nicht in eigener Sache mit abstimmen darf (s. Rn 23 ff. m.w.N.).
Hinweise:
1. Das BSG hat durch Urt. v. 28.6.2022 – B 12 R 4/20 R diese Rechtsprechung ebenfalls bei der Beurteilung des Status eines Geschäftsführers einer Rechtsanwalts-GmbH angewendet. Der Umstand, dass Rechtsanwälte bereits nach der BRAO weisungsfrei und unabhängig tätig sein müssen, ändere nichts an deren Eingliederung in die GmbH und damit am Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung.
2. Der Gesetzgeber hat das Anfrageverfahren nach § 7a SGB IV mit Wirkung zum 1.4.2022 neu geregelt, mit dem Gesetz v. 16.7.2021 (BGBl 2021 I 2970) zur Umsetzung der EU-RL 2019/882, und zwar ausschließlich in verfahrensrechtlicher Hinsicht. Hinweise zu den Neuerungen finden sich etwa bei Zieglmeier NZA 2021, 977, ferner Richter ASR 2021, 238. Unter anderem ist es nunmehr möglich eine Elementenfeststellung zu treffen, d.h. die Statusbeurteilung auf die Feststellung einer abhängigen Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit in einem Auftragsverhältnis o...