Der Widerspruch des Mieters ist nach § 574b Abs. 1 S. 1 BGB schriftlich zu erklären. Der Vermieter kann nach § 574b Abs. 2 S. 1 BGB die Fortsetzung des Mietverhältnisses ablehnen, wenn der Mieter diesen nicht spätestens zwei Monate vor Beendigung des Mietverhältnisses erklärt hat, sofern der Vermieter den Mieter hierüber rechtzeitig nach § 574b Abs. 2 S. 2 BGB aufgeklärt hat.
a) Schriftform und Begründung des Widerspruchs
Das Schriftformerfordernis des § 574b Abs. 1 S. 1 BGB soll den Mieter zum einen dazu anhalten, einen solchen nur einzulegen, wenn tatsächlich Härtegründe vorliegen, zum anderen sollen Beweisschwierigkeiten über die Einlegung des Widerspruchs und dessen Inhalt vermieden werden (MüKo-BGB/Häublein, a.a.O., § 574b BGB Rn 1). Ein Formverstoß führt zur Nichtigkeit nach § 125 S. 1 BGB (Grüneberg/Weidenkaff, a.a.O., § 574b BGB Rn 2). Weder die Worte „Widerspruch” noch „Fortsetzung des Mietverhältnisses” müssen enthalten sein, erforderlich aber auch ausreichend ist, wenn der Wille, inhaltlich Härtegründe vorzutragen, hinreichend klar zum Ausdruck kommt (LG Berlin, Urt. v. 8.3.1991 – 64 S 394/90, WuM 1991, 498; Staudinger/Rolfs, a.a.O., § 574b BGB Rn 6). Inhaltlich handelt es sich um eine empfangsbedürftige Willenserklärung nach § 130 BGB, sodass die allgemeinen Grundsätze über Abgabe und Zugang Anwendung finden. Bei einer Vermietermehrheit muss der Widerspruch allen Vermietern zugehen, sofern keine Empfangsvollmacht erteilt wurde (Schmidt-Futterer/Hartmann, a.a.O., § 574b BGB Rn 2). Eine Begründung ist nicht erforderlich (MüKo-BGB/Häublein, a.a.O., § 574b BGB Rn 6).
b) Angabe der Widerspruchsgründe durch den Mieter (§ 574b Abs. 1 S. 2 BGB)
§ 574b Abs. 1 S. 2 BGB bestimmt, dass der Mieter auf Verlangen des Vermieters über die Gründe seines Widerspruchs unverzüglich Auskunft erteilen soll. Hierdurch wird dem Mieter lediglich eine Obliegenheit auferlegt („soll”), welche als Sanktion ausschließlich zur Kostentragung eines Rechtsstreits nach § 93b Abs. 2 ZPO führen kann, weitere Rechtsnachteile sind bei einem Verstoß gegen die Begründungsobliegenheit nicht zu befürchten (Schmidt-Futterer/Hartmann, a.a.O., § 574b BGB Rn 3). Der Mieter erfüllt seine Pflicht, ohne schuldhaftes Zögern (vgl. § 121 Abs. 1 BGB) die Gründe mitzuteilen, wenn er diese innerhalb von zwei Wochen mitteilt.
Praxistipp:
Der Vermieter sollte bereits in seiner Kündigungserklärung den Mieter dazu auffordern, etwaige Gründe des Widerspruchs unverzüglich mitzuteilen. Gleichzeitig kann der Vermieter damit seiner Hinweispflicht aus § 568 Abs. 2 BGB i.V.m. § 574b Abs. 2 S. 2 BGB nachkommen (vgl. dazu nachfolgend).
c) Ablehnungsrecht des Vermieters (§ 574b Abs. 2 BGB)
Der Widerspruch muss spätestens zwei Monate vor Beendigung des Mietverhältnisses dem Vermieter gegenüber erklärt worden sein (§ 574b Abs. 2 S. 1 BGB). Für die Fristwahrung kommt es auf den Zugang beim Vermieter an. Sofern mehrere Kündigungen existieren, ist es zweckmäßig, gegen jede einzelne Kündigung Widerspruch zu erheben, auch wenn der einmal erklärte Widerspruch auch für nachfolgende Kündigungen wirksam bleiben soll, sofern es für den Vermieter hinreichend klar ist, dass die vorgetragenen Härtegründe fortbestehen (LG Darmstadt, Beschl. v. 7.3.1989 – 17 S 401/88, MM 1991, 131). § 568 Abs. 2 BGB enthält eine Obliegenheit des Vermieters, den Mieter rechtzeitig auf die Form und Frist des Härtefallwiderspruchs hinzuweisen. Hierauf nimmt § 574b Abs. 2 S. 2 BGB Bezug und bestimmt für den Fall der Obliegenheitsverletzung, dass der Mieter seinen Widerspruch auch noch im ersten Termin des Räumungsrechtsstreit erklären kann. Der Hinweis nach § 568 Abs. 2 BGB muss so rechtzeitig vor Ablauf der Widerspruchsfrist erfolgen, dass der Mieter noch Rechtsrat einholen kann (Staudinger/Rolfs, a.a.O., § 574b BGB Rn 12).
Hinweis:
Seit 1.1.2022 ist die aus § 130d S. 1 ZPO folgende Pflicht zur Benutzung eines besonderen elektronischen Anwaltspostfachs zu beachten, die im Verhältnis zur anderen Prozesspartei nicht die Schriftform nach § 126 BGB wahrt. Der Mieteranwalt muss daher für den erst im ersten Verhandlungstermin erklärten Widerspruch beachten, dass die Schriftform durch schriftsätzliche Erklärungen nicht die Schriftform des §§ 574b Abs. 1 S. 1 BGB, 126 BGB wahrt.
d) Vorliegen eines verspäteten Widerspruchs
Auch wenn die Widerspruchsfrist vom Mieter nicht eingehalten wurde, muss dieser Umstand vom Vermieter mit einer Einrede (vergleichbar der Verjährungseinrede) prozessual gerügt werden (allg. Auffassung: Grüneberg/Weidenkaff, a.a.O., § 574b BGB Rn 4; Müko-BGB/Häublein, a.a.O., § 574b BGB Rn 9). Dieses Ergebnis folgt aus dem fehlenden Charakter einer Ausschlussfrist und dem eindeutigen Wortlaut von § 574b Abs. 2 S. 1 BGB („... kann ... ablehnen”). Fehlt die einredeweise Geltendmachung ist vom Tatgericht jeder Widerspruch zu beachten, der bis zum Schluss der letzten Tatsacheninstanz erklärt und in das Verfahren eingeführt wird (Schmidt-Futterer/Hartmann, a.a.O., § 574b BGB Rn 9). Die gleichen Grundsätze gelten für die in § 574b Abs. 2 S. 2 BGB genannte Frist. Zudem ist im Gesetz nicht geregelt, was für Härtegründe gilt, die erst nach Ablauf der Fristen des § 574b BGB entstehen: Eine Entscheidung des BGH hierzu steht noc...