Der Abschluss eines Prozessvergleichs birgt für den Anwalt die Gefahr von Fehlerquellen und Haftungsrisiken in besonderem Maße (Zimmermann ZAP F. 13, S. 2135). Die in diesem Zusammenhang maßgeblichen Pflichten hat der BGH mit Urteil vom 14.7.2016 (ZAP EN-Nr. 746/2016 = NJW 2016, 3430) präzisiert: Danach ist der Anwalt im Rahmen von Verhandlungen zum Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs verpflichtet, die Interessen des Mandanten umfassend und nach allen Richtungen wahrzunehmen und ihn vor vermeidbaren Nachteilen zu bewahren. Um dem Mandanten eine eigenständige Entscheidung über den Vergleichsabschluss zu ermöglichen, muss er ihm die Vor- und Nachteile der vorgesehenen Abrede darlegen. Auch ein ausdrücklicher gerichtlicher Vergleichsvorschlag vermag den Rechtsanwalt nicht von seiner Verantwortung bei der Beratung der Partei zu entbinden (BGH WM 2010, 815 Rn 8; NJW 2016, 3430 Rn 8). Der Anwalt hat von einem Vergleich abzuraten, wenn er für die von ihm vertretene Partei eine unangemessene Benachteiligung darstellt und insbesondere begründete Aussicht besteht, im Falle einer streitigen Entscheidung ein wesentlich günstigeres Ergebnis zu erzielen (BGH a.a.O. Rn 8; Vill, in: G. Fischer/Vill/D. Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch der Anwaltshaftung, 4. Aufl., § 2 Rn 282). In diesem Fall greift die Vermutung ein, dass der Mandant dem Vorschlag des Anwalts, von einem Vergleichsabschluss abzusehen, gefolgt wäre. Nimmt er auf Anraten seines Rechtsanwalts eine günstige Vergleichsmöglichkeit nicht wahr, kommt es für einen Pflichtverstoß darauf an, ob im Zeitpunkt der Vergleichsverhandlung objektive Anhaltspunkte dafür vorhanden waren, die den Vergleich günstiger erscheinen ließen als dessen Ablehnung (BGH a.a.O. Rn 8).
Beispiel:
Trägt der Mandant für eine prozessentscheidende Abrede die Beweislast und wird er hierauf vom Richter schon vor der Unterbrechung der Sitzung zur Erörterung des Vergleichsvorschlags mit dem Anwalt hingewiesen, muss ihm – dem Mandanten – klar sein, dass er den Rechtsstreit verlieren wird, wenn er auf das Ganze gehen und die Beweisaufnahme zu seinem Nachteil ausfallen sollte. Eine zusätzliche Belehrung durch seinen Anwalt bedarf es dann nicht mehr. Dieser kann ihm allenfalls noch einmal die Risiken einer durchzuführenden Beweisaufnahme vor Augen führen. Eine besonders eindringliche Belehrung schuldet der Anwalt seinem Mandanten hierbei aber nicht (BGH a.a.O. Rn 12; vgl. auch BGHZ 126, 217, 220).