Der zugrunde liegende Sachverhalt wirft die in Literatur und Rechtsprechung bislang nicht einheitlich beantwortete Frage der Abgrenzung zweier zentraler Regelungen des Ablehnungsrechts auf. Einerseits kann nach dem durch das erste Justizmodernisierungsgesetz (Erstes Gesetzes zur Modernisierung der Justiz v. 24.8.2004, BGBl I, S. 2198) eingefügten § 47 Abs. 2 S. 1 ZPO der Termin, wenn ein Richter während der Verhandlung abgelehnt wird und die Entscheidung über die Ablehnung eine Vertagung der Verhandlung erfordern würde, unter Mitwirkung des abgelehnten Richters fortgesetzt werden. Andererseits kann eine Partei nach § 43 ZPO einen Richter wegen Besorgnis der Befangenheit nicht mehr ablehnen, wenn sie sich bei ihm, ohne den ihr bekannten Ablehnungsgrund geltend zu machen, in eine Verhandlung eingelassen oder Anträge gestellt hat.

Hieraus schließt ein Teil der Rechtsprechung und der Literatur, dass das Ablehnungsrecht nach § 43 ZPO grundsätzlich auch dann entfallen soll, wenn sich eine Partei nach Anbringen des Gesuchs der weiteren Verhandlung nicht verweigert (OLG München MDR 1954, 552; OLG Düsseldorf OLGR 2001, 373; MüKo-ZPO/Gehrlein, 4. Aufl., § 43 Rn 7; Stein/Jonas/Bork, ZPO, 22. Aufl., § 43 Rn 3). Danach stelle § 43 ZPO die unwiderlegliche Vermutung auf, dass die Partei, die sich trotz bekannten Ablehnungsgrundes auf die Verhandlung einlässt, mit der Person des Richters einverstanden sei. Nach gegenteiliger Auffassung sei es demgegenüber grundsätzlich unschädlich, wenn sich eine Partei auf eine mündliche Verhandlung einlässt, nachdem sie den Befangenheitsgrund durch das Anbringen eines entsprechenden Antrags geltend gemacht hat (OLG Frankfurt, Beschl. v. 17.12.2015 – 8 W 52/15; Zöller/Vollkommer, ZPO, 31. Aufl., § 43 Rn 6).

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