Bei einem Zusammenstoß auf einer ampelgeregelten Kreuzung haftet i.d.R. derjenige Verkehrsteilnehmer allein, der den Rotlichtverstoß begangen hat. Eine Mithaftung des Kfz-Halters im Falle eines Rotlichtverstoßes des Radfahrers kommt aber u.U. bei einem „fliegenden Start“ des Kfz-Fahrers in Betracht (BGH NJW 2005, 1940 [späte Gelbphase für Kfz]; OLG Karlsruhe r+s 1985, 189 [Rot für Rad]; Grüneberg, a.a.O., Rn 364).
Bei einer beschilderten Kreuzung ist bei einem Vorfahrtsverstoß des Radfahrers i.d.R. von seiner Alleinhaftung auszugehen (OLG Köln NZV 2008, 100). Eine Schadensteilung kann allerdings im Falle der Minderjährigkeit des Radfahrers in Betracht kommen (BGH VersR 1969, 571; OLG Köln NZV 1992, 320; Grüneberg, a.a.O., Rn 365). Ist der Vorfahrtsverstoß für den Kfz-Fahrer erkennbar und reagiert er falsch, so ist i.d.R. eine Schadensteilung vorzunehmen, wobei der Haftungsanteil des Kfz-Halters durchaus bei 50 % und mehr angesiedelt werden kann. Gleiches gilt im Falle überhöhter Geschwindigkeit des Kfz-Fahrers oder eines sonstigen Fehlverhaltens (Nachweise bei Grüneberg, a.a.O., Rn 366–369).
Bei einem Vorfahrtsverstoß des Kfz auf einer beschilderten Kreuzung ist i.d.R. von seiner Alleinhaftung auszugehen (BGH VersR 1968, 800; OLG Hamm NZV 1989, 274; OLG Köln NZV 1994, 278; Grüneberg, a.a.O., Rn 371). Benutzt der Radfahrer allerdings verbotswidrig den linken Radweg (§ 2 Abs. 4 S. 2–4 StVO), ist i.d.R. eine Schadensteilung vorzunehmen, da beide Verkehrsteilnehmer mit einem unachtsamen Fahrverhalten des jeweils anderen zu rechnen und sich darauf einzustellen haben (OLG Düsseldorf NZV 2000, 506 [100 % Rad]; OLG Hamm NZV 2017, 536 [33 % Rad]; OLG München MDR 2017, 28 [75 % Rad]; Grüneberg, a.a.O., Rn 370).
Bei einem Zusammenstoß an Kreuzungen oder Einmündungen ohne besondere Verkehrsregelung kommt im Falle eines Vorfahrtsverstoßes des Radfahrers i.d.R. eine Mithaftung des Kfz-Halters in Höhe der einfachen Betriebsgefahr seines Fahrzeugs in Betracht, wobei sich dieser Haftungsanteil bei einem zusätzlichen Fehlverhalten des Kfz-Fahrers (Verstoß gegen Rechtsfahrgebot, überhöhte Geschwindigkeit etc.) noch erhöhen kann (OLG Hamm NJW-RR 2017, 864 [40 %]; OLG Nürnberg VersR 1999, 1035; Grüneberg, a.a.O., Rn 372 f.). Allerdings ist auch die alleinige Haftung des Radfahrers möglich (OLG Hamm NJW-RR 2018, 410). Bei einem Vorfahrtsverstoß des Kfz-Fahrers ist i.d.R. von der Alleinhaftung des Kfz-Halters auszugehen; bei einer Mitverursachung des Radfahrers (z.B. Befahren der linken Fahrbahnhälfte, Nichtbeachtung des Verkehrs) ist allerdings seine Mithaftung in Betracht zu ziehen (OLG Karlsruhe NJW-RR 2012, 1491; Grüneberg, a.a.O., Rn 374; zu speziellen Unfallsituationen wie z.B. vereinsamtes Vorfahrtsschild oder Lückenfälle vgl. Grüneberg, a.a.O., Rn 375 ff.).
Fährt ein Radfahrer über einen Fußgängerüberweg, ohne abzusteigen, steht ihm ein Vorrecht gegenüber dem Fahrverkehr gem. § 26 Abs. 1 S. 1 StVO nicht zu. Aus diesem Grund ist in dieser Fallgruppe i.d.R. eine Schadensteilung vorzunehmen, wobei u.U. (z.B. im Fall des nicht vorhersehbaren Auftauchens des Radfahrers) sogar die alleinige Haftung des Radfahrers in Betracht kommen kann (KG DAR 1987, 378 [100 % Rad]; OLG Celle DAR 1999, 505 [50 %]; OLG Hamm NZV 1993, 66 [67 % Rad]; Grüneberg, a.a.O., Rn 378). Kommt es bei der Herausfahrt eines Radfahrers aus einer Grundstücksausfahrt zu einem Zusammenstoß, ist i.d.R. von der weit überwiegenden oder sogar alleinigen Haftung des Radfahrers auszugehen (§ 10 StVO). Eine Mithaftung des Kfz-Halters kommt vor allem bei einer rechtzeitigen Erkennbarkeit des Radfahrers für den Kfz-Fahrer und dessen falscher Reaktion in Betracht (OLG Karlsruhe VersR 1983, 567; OLG Oldenburg VersR 1999, 74 [33 %]; Grüneberg, a.a.O., Rn 380).
Bei einem Zusammenstoß zwischen einem aus einer Ausfahrt kommenden Kfz (§ 10 StVO) und einem den Gehweg befahrenden Radfahrer (Verstoß gegen §§ 1 Abs. 2, 2 Abs. 5 StVO, soweit der Radfahrer älter als 10 Jahre und keine Aufsichtsperson i.S.d. § 2 Abs. 5 S. 3 StVO ist) kommt i.d.R. eine Schadensteilung in Betracht, die sich nach den Umständen des Einzelfalls richtet (z.B. Sichtweite und Geschwindigkeit des Kfz-Fahrers, Geschwindigkeit des Radfahrers, Unfallort, Umfang des Fußgängerverkehrs; vgl. OLG Dresden NZV 2013, 389 [100 % Rad]; OLG Saarbrücken NJW-RR 2011, 754 [70 %Rad]; Grüneberg, a.a.O., Rn 381).