Gegenstand des Beschlusses des BAG vom 23.4.2018 (9 AZB 5/18, NJW 2018, 2433 = NZA 2018, 1021, hierzu Fischer ArbRAktuell 2018, 381) ist eine Lohnzahlungsklage des Arbeitnehmers, die beim ArbG Erfolg hatte. Die Beklagte hat am 11.7.2016 fristgerecht Berufung beim LAG eingelegt. Nach Zustellung der Berufungsschrift an den erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten des Klägers hat dieser sich mit einem am 22.7.2016 beim LAG eingegangenen Schriftsatz bestellt und beantragt, dem Kläger für die Berufungsinstanz Prozesskostenhilfe (PKH) unter seiner Beiordnung zu bewilligen. Die Beklagte hat die Berufung auch innerhalb der verlängerten Frist zur Berufungsbegründung nicht begründet. Das LAG verwarf die Berufung als unzulässig und hat dem Kläger die Bewilligung von PKH zur Verteidigung gegen die Berufung versagt. Die zugelassene Rechtsbeschwerde blieb erfolglos.
Nach Auffassung des BAG war dem Kläger die begehrte PKH zu versagen, weil die beabsichtigte Rechtsverteidigung mutwillig war, § 114 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 ZPO. Nach Auffassung des Gerichts kann einem in der Vorinstanz anwaltlich vertretenen Rechtsmittelgegner im Allgemeinen PKH erst gewährt werden, wenn das Rechtsmittel begründet worden ist und die Voraussetzung einer Verwerfung des Rechtsmittels nicht gegeben ist. Dies wird dem in § 114 Abs. 1 S. 1 ZPO zum Ausdruck gekommenen Grundsatz entnommen, dass PKH nur in Anspruch genommen werden kann, soweit dies für eine zweckentsprechende Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig ist. Bis zur Einreichung der Rechtsmittelbegründung bedarf der Rechtsmittelgegner i.d.R. noch keines anwaltlichen Beistands, weil eine ihm nachteilige Entscheidung in der Sache nicht ergehen kann. Dieser Beurteilung stehe § 119 Abs. 1 S. 2 ZPO nicht entgegen, wonach bei der Bewilligung von PKH in einem höheren Rechtszug nicht zu prüfen ist, ob die Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint, wenn der Gegner das Rechtsmittel einlegt. Die ihr innewohnende Vermutungswirkung, dass die Verteidigung der vorinstanzlichen Entscheidung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig ist, gilt nur für die Verteidigung der angefochtenen Entscheidung als solche und besteht demgegenüber nicht dafür, dass die Hinzuziehung eines Anwalts in jeder Lage des Rechtsmittelverfahrens nicht mutwillig ist. Nicht einschlägig ist, so das BAG, die BGH-Rechtsprechung zur Kostenfestsetzung. Danach ist die Beauftragung eines Anwalts i.S.v. § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO notwendig, wenn eine verständige Prozesspartei ebenfalls einen Anwalt beauftragen würde. Dies bedeutet regelmäßig, dass der Rechtsmittelgegner einen Prozessbevollmächtigten bereits dann einschalten darf, wenn ein Rechtsmittel eingelegt ist. Das BAG schließt sich der Judikatur des BGH an, wonach diese Grundsätze sich nicht auf die Bewilligung von PKH übertragen lassen. Auch verfassungsrechtliche Gründe, hergeleitet aus dem Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG), dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) und dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) und der hierzu ergangenen Rechtsprechung des BVerfG (s. etwa NJW 2010, 987) sollen nicht für eine Bewilligung von PKH im vorliegenden Fall streiten, wie das BAG im Einzelnen in seiner Entscheidung darlegt (BAG a.a.O. Rn 7).