Ein Wiedereinsetzungsantrag braucht nicht ausdrücklich gestellt zu werden; er kann auch stillschweigend in einem Schriftsatz enthalten sein, wobei es ausreicht, dass in diesem Schriftsatz konkludent zum Ausdruck gebracht wird, das Verfahren trotz verspäteter Einreichung der Rechtsmitteleinlegungs- oder Rechtsmittelbegründungsschrift fortsetzen zu wollen. So hat der BGH in seinem Beschl. v. 12.6.2019 (XII ZB 432/18, StRR 11/2019, 12) entschieden, der in einem Teilungsversteigerungsverfahren ergangen ist. Dort hatte das OLG die Begründung einer Rechtsbeschwerde und einen späteren Wiedereinsetzungsantrag (als verspätet) zurückgewiesen.
Der BGH (a.a.O.) hat das anders gesehen. Er ist davon ausgegangen, dass bereits der ursprüngliche Beschwerdebegründungsschriftsatz einen konkludent gestellten Wiedereinsetzungsantrag enthalten hat. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH müsse ein Wiedereinsetzungsantrag nämlich nicht ausdrücklich gestellt werden, er könne auch stillschweigend in einem Schriftsatz enthalten sein (vgl. BGH NJW 2011, 1601; 2018, 1022). Hierzu reiche es aus, dass in diesem Schriftsatz konkludent zum Ausdruck gebracht werde, das Verfahren trotz verspäteter Einreichung der Rechtsmittel- oder Begründungsschrift fortsetzen zu wollen. Diese Voraussetzung habe hier der Begründungsschriftsatz erfüllt. Die Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin hätte darin ausgeführt, ihre Mandantin sei aus gesundheitlichen Gründen gehindert gewesen, die Frist zu wahren. Ihr sei also erkennbar bewusst gewesen, dass die Beschwerdebegründungsfrist bereits abgelaufen war. Gleichwohl erstrebte sie – was der BGH aus der nachfolgenden Begründung der Beschwerde geschlossen hat – eine Fortsetzung des Verfahrens mit dem Ziel der Aufhebung des angefochtenen Beschlusses.
Hinweis:
Der BGH (StRR 11/2019, 12) setzt mit dieser Entscheidung seine zutreffende Rechtsprechung aus BGHZ 63, 389, 392 f. = NJW 1975, 928 zum konkludenten Wiedereinsetzungsantrag fort. Die Entscheidung ist zwar in einem Zivilverfahren ergangen. Die Grundsätze sind m.E. aber auch im Straf- oder Bußgeldverfahren anwendbar.
Es müssen allerdings, wenn man mit dem Vorbringen: Konkludenter Wiedereinsetzungsantrag Erfolg haben will, die Anforderungen des § 236 Abs. 2 ZPO oder des § 45 StPO erfüllt sein. Es müssen also alle Tatsachen, die für die Gewährung der Wiedereinsetzung von Bedeutung sein können, innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist vorgetragen worden sein. Die Glaubhaftmachung kann im Verfahren dann nachgeholt werden.