Bereits durch das „Gesetz zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des Strafverfahrens” vom 17.8.2017 (BGBl I, S. 3202)” ist in § 244 Abs. 6 S. 3 StPO die Möglichkeit für das Gericht eingeführt worden, zur Stellung von Beweisanträgen den Verfahrensbeteiligten eine Frist zu setzen (vgl. dazu Burhoff/Burhoff, HV, Rn 1136 ff). Zu dieser Regelung verhält sich inzwischen der BGH, Beschl. v. 21.4.2021 (3 StR 300/20, NJW 2021, 2129 = StRR 10/2021, 17 m. Anm. Hillenbrand).
Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde: In der gegen den Angeklagten wegen mehrerer Straftaten geführten Hauptverhandlung hatte die Vorsitzende der Strafkammer eine Frist zum Stellen weiterer Beweisanträge gesetzt. Zudem hatte sie darauf hingewiesen, dass nach Fristablauf gestellte Beweisanträge im Urteil beschieden werden könnten, es sei denn, die Einhaltung der Frist sei nicht möglich gewesen; Letzteres sei mit den weiteren Beweisanträgen glaubhaft zu machen. Nach Ablauf der Frist stellte der Angeklagte weitere Beweisanträge. In der Folge trat die Strafkammer erneut in die Beweisaufnahme ein und vernahm Zeugen, ehe der Angeklagte im weiteren Verlauf des Verfahrens bis zum erneuten Schluss der Beweisaufnahme abermals weitere Beweiserhebungen beantrage. All diese Anträge nach Fristablauf gestellten Anträge wurden nicht durch Beschluss in der Hauptverhandlung, sondern erst im Urteil, mit dem gegen den Angeklagten eine mehrjährige Gesamtfreiheitsstrafe verhängt wurde, verbeschieden. Die u.a. hierauf gestützte Revision des Angeklagten hatte keinen Erfolg.
Der BGH (Beschl. v. 21.4.2021 (3 StR 300/20, NJW 2021, 2129 = StRR 10/2021, 17 m. Anm. Hillenbrand) hat die Vorgehensweise der Strafkammer als rechtmäßig angesehen. Die Zulässigkeit, über Beweisanträge nach Fristsetzung erst im Urteil zu befinden, entfalle nicht insgesamt dadurch, dass nach Ende der Frist noch weitere Beweise erhoben werden. Die Voraussetzungen des § 244 Abs. 6 S. 4 StPO, nämlich eine Antragstellung nach Fristablauf, lägen hiervon unabhängig vor. Auch folge aus einer anschließenden Beweisaufnahme nicht ohne Weiteres, dass die Stellung von Anträgen vor Fristablauf nicht möglich war. Diese Sichtweise entspreche der Intention des Gesetzgebers. Dieser habe hervorgehoben, dass Sinn und Zweck des § 244 Abs. 6 S. 4 StPO eine erneute Fristsetzung nur für solche Beweisanträge erfordere, die sich aus der Beweisaufnahme nach Wiedereintritt ergeben (BT-Drucks 19/14747, S. 33). Für andere Beweisanträge solle die bereits gesetzte Frist ersichtlich ihre Bedeutung behalten. Entfiele mit dem Wiedereintritt in die Beweisaufnahme von vornherein die Möglichkeit, nach einer zuvor gesetzten Frist gestellte Beweisanträge im Urteil zu verbescheiden, hätte dies zur Folge, dass über sämtliche nach Fristablauf angebrachten Anträge in der Hauptverhandlung zu befinden wäre. Dies wirke der vom Gesetzgeber bezweckten Verfahrensbeschleunigung entgegen und könne sich sogar letztlich verfahrensverzögernd auswirken. Zudem eröffnete sich die Möglichkeit, zunächst wieder Beweisanträge jeglichen Inhalts stellen zu können, selbst wenn diese in keinem Zusammenhang zu der neuen Beweiserhebung stünden und bereits vor Fristablauf hätten vorgebracht werden können.
Für erst nach Fristablauf und Wiedereintritt in die Beweisaufnahme gestellte Beweisanträge stellt der BGH (a.a.O.) Begründungsaufforderungen auf: Wenn der Antragsteller eine Bescheidung seines Antrags noch vor dem erneuten Schluss der Beweisaufnahme begehre, müsse er im Antrag darlegen, inwieweit dieser sich aus der weiteren Beweisaufnahme ergeben habe. Dies ermögliche dem Tatgericht die Klärung, ob es über den Antrag erst im Urteil entscheiden kann oder nicht und biete zudem die Basis für eine revisionsgerichtliche Prüfung. Es sei in erster Linie der Antragsteller, der dartun könne, ob sich sein weiterer Beweisantrag erst aus den neuen Beweiserkenntnissen ergeben hat, das Tatgericht verfüge nicht über etwaiges ergänzendes, in den Antrag gegebenenfalls einfließendes Wissen. Eine derartige Begründungspflicht sei dem Gesetz auch nicht fremd. Vielmehr sehe § 244 Abs. 6 S. 5 StPO bereits jetzt vor, dass die Tatsachen, welche die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen sind. Insoweit bestehe eine gewisse Vergleichbarkeit mit der vorliegenden Fallgestaltung.
Hinweis:
Die Möglichkeit, für die Stellung weiterer Beweisanträge eine Frist zu setzen (§ 244 Abs. 6 S. 3 StPO), stellt ein durchaus scharfes Schwert dar, mit dem das Gericht Verfahrensverzögerungen durch Stellung immer neuer Beweisanträge entgegnen kann. Denn mit der zur Veröffentlichung in BGHSt vorgesehenen Entscheidung hat der BGH (Beschl. v. 21.4.2021 – 3 StR 300/20, NJW 2021, 2129 = StRR 10/2021, 17 m. Anm. Hillenbrand) die Anforderungen nochmals erhöht und die bislang strittige Frage, ob im Falle des Wiedereintritts in die Beweisaufnahme nach Fristablauf gestellte Beweisanträge erst im Urteil verbeschieden werden dürfen oder nicht, geklärt. Die Vertei...