Zusammenfassung
Hinweis:
In der dreiteiligen Beitragsreihe der Verfasser zum „Lebenszyklus eines Unternehmens” wurde in Teil 1 die „Gründung und Kapitalaufbringung in der GmbH” (ZAP 2022, 729) erläutert. Dieser Teil 2 befasst sich mit der steuerrechtlichen Behandlung der Betriebsaufspaltung, deren Begründung, Beendigung und nicht kodifizierten Rechtsfolgen und zeigt wertvolle Hinweise für die Beratungspraxis auf. Teil 3 (demnächst in ZAP 2023) schließt den Zyklus mit dem Thema „Steuerrechtliche Folgen und Gestaltungsmöglichkeiten bei der Anteilsveräußerung und Auflösung der Gesellschaft”).
I. Einleitung
Die Betriebsaufspaltung ist ein rein steuerliches von der Rechtsprechung entwickeltes Konzept, das trotz seiner enormen praktischen Bedeutung bis heute nur sporadisch (s. insb. § 50i Abs. 1 S. 4 EStG; § 13b Abs. 4 Nr. 1 ErbStG) und nicht an systematisch zutreffender Stelle kodifiziert ist. Das Rechtsinstitut geht bereits auf eine Rechtsprechung des RFH aus 1924 (Urt. v. 12.12.1924 – VI eA 188/24, RFHE 16, S. 15.) zurück. Die heutigen Rechtsfolgen der Betriebsaufspaltung, nämlich die Gewerblichkeit des Besitzunternehmens (zu den dogmatischen Grundlagen Drüen, GmbHR 2005, 69), zog der RFH allerdings erst 1942 (Urt. v. 1.7.1942 – VI 96/42, RStBl 1942 S. 1081).
Kennzeichen der Betriebsaufspaltung ist, dass ein wirtschaftlich betrachtet einheitliches Unternehmen zivilrechtlich in zwei Einheiten – das Besitz- und das Betriebsunternehmen – aufgeteilt wird. Zu beachten ist dabei aber, dass die Betriebsaufspaltung bis heute keine zivilrechtliche Entsprechung, z.B. etwa im Umwandlungsrecht, gefunden hat. Die Aufteilung erfolgt dabei in der Form, dass das Besitzunternehmen das Anlagevermögen und das Betriebsunternehmen das Umlaufvermögen hält und das operative Geschäft führt. Das Besitzunternehmen beschränkt sich darauf, dem Betriebsunternehmen sog. wesentliche Betriebsgrundlagen (z.B. Grundstücke, Maschinen oder gewerbliche Schutzrechte) zu verpachten. Neben dieser sog. sachlichen Verflechtung muss auch eine personelle Verflechtung in der Form vorliegen, dass in beiden Unternehmen ein einheitlicher Betätigungswille besteht (H 15.7 IV EStR; Montag in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 13 Rn 80; Schmidt/Wacker, EStG, § 15 Rn 800 m.w.N.).
Beispiel:
Herr B betreibt als Einzelunternehmer ein Bauunternehmen. Zu seinem Betriebsvermögen gehören Grundstücke, Baufahrzeuge und Maschinen sowie Baustoffe. Zum 1.1.2022 gründet er die B-Bau GmbH und bringt anlässlich der Gründung sämtliche Baustoffe in die Gesellschaft ein. Die Grundstücke und Baumaschinen behält er zurück und verpachtet sie fortan an die B-Bau GmbH.
Diese an sich überschaubare Situation führt zu nicht kodifizierten Rechtsfolgen und stellt den steuerlichen Berater insb. in Situationen, in denen das Entstehen einer Betriebsaufspaltung vermieden werden soll oder eine bestehende Betriebsaufspaltung ungewollt beendet werden könnte, vor Herausforderungen.
II. Arten der Betriebsaufspaltung
Die Betriebsaufspaltung kommt heute in vielen Formen mit unterschiedlichen Begrifflichkeiten daher.
- Nach der Art und Weise, wie eine Betriebsaufspaltung entsteht, wird zwischen echter und unechter Betriebsaufspaltung unterschieden.
- Nach der Rechtsform des Betriebsunternehmens unterscheidet man zwischen kapitalistischer und mitunternehmerischer Betriebsaufspaltung. Allerdings wird der Begriff „kapitalistische Betriebsaufspaltung” in der Literatur auch für Fälle verwendet, in denen nicht das Betriebsunternehmen, sondern das Besitzunternehmen eine Kapitalgesellschaft ist. Andere hingegen bezeichnen die Fälle, in denen das Besitzunternehmen eine Kapitalgesellschaft und das Betriebsunternehmen eine Personengesellschaft ist, auch als umgekehrte Betriebsaufspaltung.
- Eine weitere Unterscheidung findet sich zwischen mittelbarer und unmittelbarer Betriebsaufspaltung. Heute spricht man bei grenzüberschreitenden Sachverhalten von einer Betriebsaufspaltung über die Grenze.
1. Echte und unechte Betriebsaufspaltung
Eine echte Betriebsaufspaltung liegt vor, wenn ein bisher einheitliches Unternehmen (zumeist Einzelunternehmen oder Personengesellschaft) in ein Besitzunternehmen und ein Betriebsunternehmen aufgespalten wird (BFH, Urt. v. 20.9.1973 – IV R 41/69, BFHE 110 S. 368, BStBl 1973 II S. 869; vgl. auch BFH, Beschl. v. 23.1.2008 – I B 136/07, BFH/NV 2008 S. 1197). Nicht erforderlich ist, dass die bisher betriebene einheitliche unternehmerische Tätigkeit eine gewerbliche war. Die Grundsätze der Betriebsaufspaltung sind auch dann anzuwenden, wenn Besitz- und Betriebsunternehmen aus einer früheren freiberuflichen Tätigkeit hervorgegangen sind.
Diese Gestaltung erfolgte ursprünglich durch die Ausgründung einer Kapitalgesellschaft aus einem Einzelunternehmen oder einer Personengesellschaft. Nach der heutigen Rechtslage dürfte die Begründung einer echten Betriebsaufspaltung auf diese Weise seit der Änderung von § 6 Abs. 6 EStG (Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002, BGBl I 1999, 401) jedoch kaum noch vorkommen, da die steuerneutrale Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter von dem Besitzunternehmen auf das Betriebsunternehme...