Die Entscheidung des BAG, Urt. v. 25.4.2023 (9 AZR 187/22, NZA 2023, 1122 = NJW 2023, 2899) betrifft einen Streit der Parteien über die Rückzahlung von Fortbildungskosten.
Die Beklagte war bei der Klägerin, die eine Steuerberater- und Wirtschaftsprüfungskanzlei betreibt, zwischen April 2014 und Juli 2020 als Buchhalterin beschäftigt. Sie nahm im August 2017 an einem Lehrgang zur Vorbereitung auf die Steuerberaterprüfung 2018/2019 teil. Nach Beginn der Teilnahme unterzeichneten die Parteien einen Fortbildungsvertrag über die Kostenübernahme des Arbeitgebers für die Prüfungsvorbereitung. In der Folgezeit zahlte die Klägerin hierfür insgesamt 4.083,93 EUR an die Beklagte. Der Fortbildungsvertrag enthielt in § 5 eine Rückzahlungsklausel, die drei Tatbestände anführt, die eine Rückzahlungspflicht auslösen sollen: (Nr. 1) Das Verlassen des Unternehmers durch den Arbeitnehmer innerhalb von 24 Monaten nach bestandenem Examen, (Nr. 2) das Verlassen des Unternehmens durch den Arbeitnehmer innerhalb von 24 Monaten nach nicht bestandenem Examen und (Nr. 3) – nur auf diese kommt es vorliegend an – das wiederholte Nichtablegen des Examens durch den Arbeitnehmer.
Zu § 5 Nr. 3 des Vertrags war eine Härtefallregelung vorgesehen. Nach S. 3 dieser Regelung ist der Arbeitnehmer nicht zur Rückzahlung der bis dahin geleisteten Förderung verpflichtet, wenn aufgrund eines zu großen Zeitablaufs oder aufgrund von Bestimmungen der entsprechenden Institutionen eine Wiederaufnahme und Beendigung des Examens nicht möglich sein sollte.
Die Beklagte trat weder zur Steuerberaterprüfung für das Jahr 2018 noch zu den Prüfungen in den Jahren 2019 und 2020 an, zu denen sie sich bis zum 30. April des jeweiligen Jahres anmelden konnte. Mit Schreiben v. 14.5.2020 kündigte sie das Arbeitsverhältnis zum 30.6.2020. Die Klägerin klagte den geleisteten Betrag über 4.083,93 EUR zzgl. Zinsen nach erfolgloser außergerichtlicher Geltendmachung ein. Die Klage hatte in den Tatsacheninstanzen Erfolg. Die Revision der Beklagten war begründet.
Bei den im Fortbildungsvertrag getroffenen Abreden handelt es sich um von der Klägerin vorformulierte Vertragsbedingungen, somit um Allgemeine Geschäftsbedingungen i.S.v. § 305 Abs. 1 S. 1 BGB. Die Wirksamkeit der im Fortbildungsvertrag getroffenen Abreden ist demnach anhand von § 305c Abs. 2, §§ 306, 307–309 BGB zu beurteilen. Nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB sind Bestimmungen in AGB unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Unangemessen ist jede Beeinträchtigung eines rechtlich anerkannten Interesses des Arbeitnehmers, die nicht durch begründete und billigenswerte Interessen des Arbeitgebers gerechtfertigt ist oder durch gleichwertige Vorteile ausgeglichen wird. Ob eine unangemessene Benachteiligung vorliegt, ist aufgrund einer wechselseitigen Berücksichtigung und Bewertung rechtlich anzuerkennender Interessen der Vertragspartner zu beurteilen. Grundsätzlich sind einzelvertragliche Vereinbarungen, nach denen sich ein Arbeitnehmer an den Kosten einer vom Arbeitgeber finanzierten Ausbildung zu beteiligen hat, soweit er die Fortbildung nicht beendet, zulässig (s. BAG, Urt. v. 1.3.2022 – 9 AZR 260/21, Rn 21, NZA 2022, 786, hierzu die Verf. ZAP F. 17 R, 1104 f. und Blumauer/Niemeyer, NZA 2022, 755 mit Formulierungsvorschlag S. 758 unter IV.). Allerdings können Rückzahlungsverpflichtungen der hier vorliegenden Art den Arbeitnehmer unangemessen benachteiligen, da sie geeignet sind, auf den Arbeitnehmer einen Bleibedruck im bestehenden Arbeitsverhältnis auszuüben, damit das Grundrecht nach Art. 12 Abs. 1 S. 1 GG einschränken.
Nicht zulässig ist es, so das BAG, die Rückzahlungspflicht schlechthin an das wiederholte Nichtablegen der angestrebten Prüfung zu knüpfen, ohne die Gründe hierfür zu betrachten. Es müssen jedenfalls praktisch relevante Fallkonstellationen, in denen die Gründe für die Nichtablegung der Prüfung nicht in der Verantwortungssphäre des Arbeitnehmers liegen, von der Rückzahlungspflicht ausgenommen werden. Das Gericht beanstandet im konkreten Fall, dass der Fortbildungsvertrag eine Rückzahlung auch in Fällen vorsieht, in denen der Arbeitnehmer das Examen deshalb wiederholt nicht ablegt, weil ihm die Fortführung des Arbeitsverhältnisses aufgrund eines arbeitgeberseitigen Fehlverhaltens nicht mehr zumutbar ist und es deshalb beendet. Demnach wird die Regelung als unangemessen angesehen.
An diesem Ergebnis ändert auch S. 3 der Härtefallregelung zu § 5 in Rn 3 des Fortbildungsvertrags nichts, weil diese den Wegfall der Rückzahlungspflicht nur auf die dort genannten Fälle beschränkt, nicht aber hinsichtlich der zuvor erwähnten Gegebenheit. Die Härtefallregelung kann auch nicht im Sinne einer Generalklausel dahin verstanden werden, dass sie alle Tatbestände, bei denen das Vorliegen einer Rückzahlungspflicht unangemessen erscheint, umfassen sollte. Es besteht bereits vorliegend kein Raum für ein solches Verständnis, sodass offenbleiben kann, ob ein...