Nach der ständigen Rechtsprechung des BAG haben Arbeitnehmer im bestehenden Arbeitsverhältnis einen auf Art. 1 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 1 GG gegründeten Anspruch auf (tatsächliche) Beschäftigung mit der vertragsgemäßen Tätigkeit. Im Fall des Annahmeverzugs wird der Vergütungsanspruch nach § 615 S. 1 BGB aufrechterhalten. In seltenen Ausnahmefällen, wenn das Arbeitgeberinteresse überwiegt, ist die tatsächliche Beschäftigung unzumutbar, mit der Folge, dass weder eine tatsächliche Beschäftigung geschuldet ist, noch Annahmeverzugslohn seitens des Arbeitgebers bezahlt werden muss. Ein solcher Fall lag dem BAG vor (Urt. v. 16.4.2014 – 5 AZR 739/11, NZA 2014, 1082; BAG, Urt. v. 16.4.2014 – 5 AZR 734/11 und BAG, Urt. v. 16.4.2014 – 5 AZR 736/11 zit. nach juris). Die dagegen erhobene Verfassungsbeschwerde (BVerfG, Beschl. v. 3.9.2014 – 1 BvR 1931/14 zit. nach juris) wurde nicht zur Entscheidung angenommen.
Der Kläger hatte sich 280.568,95 EUR brutto angeeignet. Nach einem Geständnis und einem notariellen Schuldanerkenntnis des Klägers, beschäftigte der Arbeitgeber den Kläger weiter und behielt den pfändbaren Teil des Einkommens vereinbarungsgemäß ein. Der Kläger überwies weitere Beträge auf sein Konto und wurde rechtskräftig strafrechtlich verurteilt. Die ausgesprochenen Kündigungen scheiterten an der Betriebsratsanhörung.
Ein Arbeitgeber kommt trotz Nichtannahme der angebotenen Arbeitsleistung ausnahmsweise nicht in Annahmeverzug, wenn sich der Arbeitnehmer so verhält, dass der Arbeitgeber nach Treu und Glauben und unter Berücksichtigung der Gepflogenheiten des Arbeitslebens die Annahme der Leistung zu Recht ablehnt. Dies kann der Fall sein, wenn bei Annahme der angebotenen Dienste strafrechtlich geschützte Interessen des Arbeitgebers, seiner Angehörigen oder anderer Betriebsangehöriger unmittelbar und nachhaltig so gefährdet werden, dass die Abwehr dieser Gefährdung Vorrang vor dem Interesse des Arbeitnehmers an der Erhaltung seines Verdienstes haben muss. Es ist auf die objektive Rechtswidrigkeit des Verhaltens des Arbeitnehmers abzustellen; Verschulden ist nicht erforderlich. Wann ein solcher Fall vorliegt, hängt von den jeweiligen konkreten Umständen ab. Dabei sind die Gepflogenheiten des Arbeitslebens zu berücksichtigen. Nicht jede in der Erregung gesprochene Beleidigung des Arbeitgebers, nicht jedes böse Wort, nicht jede Robustheit des Arbeitnehmers lässt das Leistungsangebot treuwidrig und seine Ablehnung durch den Arbeitgeber gerechtfertigt erscheinen. Ort und Zeit des Vorfalls sowie das Betriebsklima spielen für die Beurteilung dieser Frage eine erhebliche Rolle. Es muss ein ungewöhnlich schwerer Verstoß gegen allgemeine Verhaltenspflichten vorliegen, der den Arbeitgeber schlechterdings berechtigt, die Dienste abzulehnen. So lag es vorliegend, weil der Kläger (1) über Jahre hinweg, (2) immer wieder (3) mit großem Bedacht verdeckt diverse Straftaten zum Nachteil seiner Vertragspartnerin begangen hat. Da der Kläger nach Aufdeckung dieser Taten und Abgabe des notariellen Schuldanerkenntnisses (4) sein gesetz- und vertragswidriges Verhalten nicht änderte, vielmehr weiterhin unter täuschendem Deckmantel Untreuehandlungen von erheblichem wirtschaftlichen Gewicht zum Nachteil der Arbeitgeberin beging, ließ er jede Einsicht in das für einen Leiter Buchhaltung/Finanzen/Personal gebotene Mindestmaß vertragsgemäßen Verhaltens vermissen. Jeder Tag einer weiteren Beschäftigung bedeutete die nicht unerhebliche Gefährdung des Kontostands und damit des Vermögens der Arbeitgeberin. Gerade unter Beachtung des Gebots von Treu und Glauben durfte der Kläger gerade nicht mehr über Vermögen der Arbeitgeberin verfügen. Damit war die Schuldnerin während des streitbefangenen Zeitraums nicht zur Zahlung der vertraglichen Vergütung verpflichtet.