Ob eine Änderungskündigung auch dann als "Entlassung" i.S.v. § 17 Abs. 1 KSchG anzusehen ist, wenn sich der Arbeitnehmer mit der Änderung seiner Arbeitsbedingungen – und sei es unter dem Vorbehalt des § 2 S. 1 KSchG – einverstanden erklärt, hat das BAG zum geltenden Recht noch nicht entschieden (offengelassen in BAG, Urt. v. 1.3.2007 – 2 AZR 580/05 [Rn. 13], BAGE 121, 347) Zur alten Rechtslage hatte das BAG dies verneint (vgl. BAG, Urt. v. 10.3.1982 – 4 AZR 158/79, BAGE 38, 106; BAG, Urt. v. 3.10.1963 – 2 AZR 160/63). Der 2. Senat des BAG (Urt. v. 20.2.2014 – 2 AZR 346/12, NZA 2014, 1069) hat erstmals entschieden, dass die Vorschriften des § 17 Abs. 1 KSchG, die Massenentlassungsanzeige, auch für unter Vorbehalt angenommene Änderungskündigungen gilt.

Die Kündigung scheitert sowohl an der sozialen Rechtfertigung als auch an der unstreitig fehlenden Massenentlassungsanzeige nach § 17 Abs. 1 KSchG i.V.m. § 134 BGB. Änderungskündigungen sind "Entlassungen" i.S.v. § 17 KSchG. Das gilt unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer das ihm mit der Kündigung unterbreitete Änderungsangebot ablehnt oder – und sei es ohne Vorbehalt – annimmt. Gemäß § 17 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 KSchG ist der Arbeitgeber verpflichtet, der Agentur für Arbeit Anzeige zu erstatten, bevor er in Betrieben mit i.d.R. mindestens 60 und weniger als 500 Arbeitnehmern 10 v.H. der im Betrieb regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer innerhalb von 30 Kalendertagen entlässt. Im Kündigungszeitpunkt war der Schwellenwert des § 17 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 KSchG erreicht, weil bei max. 170 Arbeitnehmern 15 Beendigungs- und zwei Änderungskündigungen ausgesprochen waren.

Nach der Rechtsprechung des EuGH, der das BAG folgt, ist unter "Entlassung" in § 17 KSchG die Erklärung der Kündigung zu verstehen (EuGH, Urt. v. 27.1.2005 – C-188/03, [Junk] Rn. 39, Slg. 2005, I-885; seitdem st. Rspr., vgl. BAG, Urt. v. 25.4.2013 – 6 AZR 49/12, Rn. 153). § 17 KSchG und die Massenentlassungsrichtlinie differenzieren nicht zwischen den unterschiedlichen Formen der Entlassung. Die Vorschrift erfasst Änderungskündigungen i.S.v. § 2 KSchG deshalb unzweifelhaft dann, wenn sie mangels Annahme des Änderungsangebots die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zur Folge haben. Auch für den Fall der Annahme unter Vorbehalt, durch das spätere Verhalten des Arbeitnehmers, ändert sich nichts mehr, so das BAG. Die Änderungskündigung i.S.v. § 2 KSchG ist ein aus zwei Willenserklärungen zusammengesetztes Rechtsgeschäft. Zu der auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gerichteten Kündigungserklärung tritt als zweites Element das Angebot zu seiner Fortsetzung unter geänderten vertraglichen Bedingungen hinzu, weshalb wegen der enthaltenen Kündigungserklärung eine "echte" Kündigung vorliegt. Diese unterliegt allen formalen Anforderungen, die an die Wirksamkeit einer Kündigung zu stellen sind.

 

Hinweis:

Die Entscheidung schafft Klarheit. Für den Schwellenwert des § 17 Abs. 1 KSchG sind stets alle Kündigungen zu betrachten. Dies gilt auch für das Konsultationsverfahren nach § 17 Abs. 2 KSchG, welches ebenfalls ein (eigenständiges) Verbotsgesetz i.S.d. § 134 BGB darstellt.

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