Was eine Aktiengesellschaft anbelangt, so erspart es sich das Aktiengesetz, bei jeder einzelnen Vorschrift, die ein "unternehmensrechtliches" gerichtliches Verfahren gemäß den §§ 402 ff. FamFG vorsieht, zu wiederholen, "das Amtsgericht, das in dem Bezirk eines Landgerichts liegt, in dem ...". Ausfluss dieser textsparenden Gesetzestechnik ist § 14 AktG, gemäß dem Gericht "im Sinne des Aktiengesetzes" grundsätzlich das Gericht des Sitzes der Gesellschaft ist. Dem entspricht speziell für die Aktiengesellschaft § 377 Abs. 1 FamFG. Sitz der Gesellschaft ist der Ort, den die Satzung bestimmt. Gemäß § 5 Abs. 2 AktG soll als Sitz entweder der Ort, wo die Gesellschaft ihren Betrieb hat, oder der Ort, wo sich die Geschäftsleitung befindet oder die Verwaltung geführt wird, bestimmt werden. Verfügt eine Aktiengesellschaft nach den Eintragungen in zwei Handelsregistern über einen Doppelsitz, bestehen die in den Handelsregistern verlautbarten beiden Sitze rechtlich gleichwertig und gleichrangig nebeneinander. Für die örtliche Zuständigkeit gem. § 14 AktG bedeutet dies, dass die beiden Amtsgerichte als Registergerichte unabhängig voneinander zu entscheiden haben.
Hinweis:
Wird das Amtsgericht jedoch rechtsgestaltend gem. § 145 FGG tätig und trifft es Maßnahmen, die sich – wie die Bestellung von Abwicklern – auf die Gesellschaft im Ganzen beziehen, wird der Fall der doppelten Zuständigkeit durch § 4 FGG (= § 4 FamFG) geregelt (KG, Beschl. v. 4.6.1991 – 1 W 5/91).
a) Amtsgericht
Das Amtsgericht als das in § 14 AktG angesprochene Gericht ist insbesondere anzurufen, wenn es um die Sicherung der Funktionsfähigkeit der Organe einer Aktiengesellschaft oder sonstiger mit ihr befassten Personen geht. Das beginnt bereits mit der Bestellung von Gründungsprüfern (§ 33 Abs. 3 S. 2 AktG) und den Fall von Meinungsverschiedenheiten zwischen Gründern und Gründungsprüfern (§ 35 Abs. 2 S. 1 AktG), erfasst aber auch die Genehmigung der Kraftloserklärung unrichtiger Aktienurkunden (§ 73 Abs. 1 S. 1 AktG) und die Bestellung von Prüfern bei einer Kapitalerhöhung (§ 183a Abs. 3 S. 1 AktG). Vor allem hat das Amtsgericht notwendige, aber fehlende Vorstandsmitglieder zu bestellen (§ 85 Abs. 1 S. 1 AktG), aber auch den Aufsichtsrat ggf. zu ergänzen (§ 104 Abs. 1 S. 1 AktG). Andererseits kann es sogar Aufsichtsratsmitglieder aus wichtigem Grund abberufen (§ 103 Abs. 3 S. 1 AktG). Ferner kann es eine qualifizierte Zahl von Aktionären ermächtigen, anstelle des Vorstands eine Hauptversammlung einzuberufen (§ 122 Abs. 3 S. 1 AktG). Auch obliegt ihm ggf. die Bestellung besonderer Vertreter, wenn Ersatzansprüche aus der Gründung geltend gemacht werden sollen (§ 147 Abs. 2 S. 2 AktG). Bei der Abwicklung der Gesellschaft kann es Abwickler ernennen (§ 264 Abs. 2 S. 2 AktG – bei Löschung wegen Vermögenslosigkeit) oder ggf. bestellen bzw. abberufen (§ 265 Abs. 3 S. 1 AktG), und zwar selbst nachträglich (§ 273 Abs. 4 AktG), aber auch von der Pflicht zur Prüfung des Jahresabschlusses und des Lageberichts befreien (§ 270 Abs. 3 S. 1 AktG) und schließlich die Einsicht in Bücher und Schriften gestatten (§ 273 Abs. 3 AktG).
b) Landgericht
Die Wahrung von Mitgliedschaftsrechten, also von Rechten der Aktionäre, schien dem Gesetzgeber indessen besser beim Landgericht aufgehoben. Ob der Vorstand einem Aktionär Auskunft zu geben hat, entscheidet auf Antrag ausschließlich das Landgericht, in dessen Bezirk die Gesellschaft ihren Sitz hat (§ 132 Abs. 1 AktG), desgleichen bei Einwendungen gegen abschließende Feststellungen der Sonderprüfer nach § 259 Abs. 2 und 3 AktG (§ 260 Abs. 1 S. 1 AktG). Erst recht gilt das bei finanziellen Belangen, nämlich, wenn um den angemessenen Ausgleich zugunsten außenstehender Aktionäre bei Gewinnabführungsverträgen (§§ 304 Abs. 3 S. 3, 305 Abs. 5 S. 2 AktG), um die Höhe der Abfindung für ausgeschiedene Aktionäre – "Squeeze out" – der eingegliederten Gesellschaft (§ 320b Abs. 2 S. 2 AktG), um die solcher Aktionäre, deren Aktien auf den Hauptaktionär übertragen wurden (§ 327f S. 2 AktG) oder um den Ausgleich für die Beseitigung von Mehrstimmrechten (§ 5 Abs. 4 EGAktG) gestritten wird.
aa) Kammer für Handelssachen
Da der Streit in diesen Fällen aus dem Rechtsverhältnis zwischen einer Handelsgesellschaft und ihren Mitgliedern herrührt, ist er Handelssache, § 95 Abs. 1 Nr. 4 lit. a HGB, so dass die Kammer für Handelssachen an die Stelle der Zivilkammer tritt. Ausdrücklich bestimmt dies § 95 Abs. 2 Nr. 1 HGB auch für Anfechtungsklagen, mit denen ein Beschluss der Hauptversammlung angegriffen wird (§ 246 Abs. 3 S. 1 AktG mit der selbstverständlichen Einschränkung in Satz 2, dass die Kammer für Handelssachen bei dem zuständigen Landgericht eingerichtet sein muss). § 95 Abs. 2 Nr. 1 GVG macht es sogar zur "Handelssache", wenn eine das Gemeinwohl gefährdende Aktiengesellschaft auf Antrag der obersten Landesbehörde durch Urteil aufgelöst werden soll (§ 396 Abs. 1 AktG).
bb) Spruchverfahrensgesetz
Die Vorschriften zur Abfindung bzw. zum Ausgleich verweisen auf das Gesetz über das gesellschaftsrechtliche Spruchverfahren (v. 12.6.2003, BGBl 2003, S...