Ob die Vorschriften des GWB "anzuwenden" sind, hängt davon ab, welcher Sachverhalt anhand des Gesetzes zu würdigen ist. Er ist aber in einem Rechtsstreit erst – vom zuständigen Gericht – festzustellen, wenn nicht nur Rechtliches, sondern auch Tatsächliches "im Streit" ist. Das führt – nicht nur, aber vor allem – bei entscheidungserheblichen "kartellrechtlichen Vorfragen" (KG, Beschl. v. 22.12.2009 – 23 U 180/09) zu der Problematik des "doppeltrelevanten Tatsachenvortrags". LG Braunschweig (Beschl. v. 19.6.2013 – 5 O 552/12) will das Dilemma dadurch lösen, dass die Zuständigkeit der Kartellgerichte bereits dann begründet sei, wenn eine Partei einen Anspruch aus dem Kartellrecht "ernsthaft geltend macht". Insoweit sei nicht erforderlich, dass der Anspruch schlüssig vorgetragen sei, weil dies eine Inzidentprüfung voraussetzen würde, die die in den §§ 87, 89 GWB vorgesehene Zuständigkeitskonzentration gerade verhindern solle. Laut OLG Frankfurt (Beschl. v. 21.8.2014 – 11 SV 54/14) führt indessen allein der Umstand, dass eine Partei in ihren Schriftsätzen eine Bestimmung des GWB zitiert, noch nicht dazu, dass eine kartellrechtliche Streitigkeit i.S.d. § 87 GWB gegeben ist. Vielmehr wird konkreter Vortrag eines "kartellrechtlich relevanten Sachverhalts" verlangt (OLG Frankfurt, Beschl. v. 16.12.2012 – 11 AR 3/10). OLG Köln (Beschl. v. 10.1.2005 – 16 U 70/04) weicht der Zuständigkeitsproblematik aus, wenn der Rechtstreit auch ohne Eingehen auf einen kartellrechtlichen Anspruch oder eine kartellrechtliche Vorfrage "spruchreif" ist. Einigen sich die beteiligten Gerichte nicht dahingehend, welches zuständig ist, bleibt als praktische Lösung deshalb lediglich Gerichtsbestimmung.
Hinweis:
Die Grenzen eines "kartellrechtlich relevanten Sachverhalts" werden indessen weit gesteckt. So sind nach der Neufassung des GWB die Kartellgerichte zuständig, wenn der Umfang der ungerechtfertigten Bereicherung des Beklagten von der Auslegung eines als Kartell zu qualifizierenden Gaskonzessionsvertrags abhängt (OLG Oldenburg, Beschl. v. 14.7.1999 – 4 U 70/98).
Andererseits bezieht sich die Sonderzuständigkeit für Kartellsachen auch auf die Sekundärebene, da das Ziel der Rechtssicherheit durch Vereinheitlichung des Privatrechtsschutzes unterlaufen werden würde, wenn auf Sekundärebene keine Vereinheitlichung gewährleistet würde (LG Bonn, Beschl. v. 26.3.2012 – 1 O 490/10).
Beispiel:
Es wird Schadensersatz gem. Art. 34 GG, § 839 BGB verlangt, weil die Entscheidung des Bundeskartellamts angeblich amtspflichtwidrig war.